Naja, das ist ja nix neues. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab's ja auch noch kein Gummi, als kann's auch keine Latexfetischisten gegeben haben. *g* Hab's mal kurz überflogen, aber abgesehen von ein paar Binsenweisheiten im Sinne von "Deine Mutter hat's schon immer gewusst." kann ich da nicht wirklich viel Neues finden. Die Studie hat auch insofern methodische Schwächen, da die direkte Frage nach einer eigenen Einordnung selten eine schlüssiges Ergebnis bringt. Hier hätte man meiner Meinung nach viel stärker hinterfragen müssen, wie ABDL von den Studienteilnehmern auch effektiv ausgelebt wird. Ich werd auch das Gefühl nicht los, dass trotz gegenteiliger Behauptung immer dieses alte Ding von Kindheitstrauma/ Schlüsselerlebnis mitschwingt, was eigentlich nur zeigt, wie ratlos und ahnungslos die forschende Wissenschaft weiterhin ist, was Paraphilien und Fetische angeht. Sicher ist zu begrüßen, dass die Studie zumindest keine voreiligen negativen Schlüsse zieht, aber wirklich revolutionäre Erkenntnisse liefert sie auch nicht.
Ob das nun wirklich entspannter ist? Wirklich offen für bestimmte Spielarten sind ja z.B. viele Amis auch nicht aufgrund ihrer zwiespältigen moralischen Vorstellungen. Ich erinnere nur an den Ärger, den beispielsweise ABU und Tykables immer mal wieder haben, und die betreiben kein Bordell, sondern verkaufen nur das Zubehör. Ich halte das nicht für eine treffende Aussage. Nur, weil man gefühlt im Internet den einen oder anderen häufiger offenherzig sieht, sagt ja nix über die generelle Wahrnehmung von anderen aus. Da muss man aufpassen, dass man nicht zu sehr in seiner eigenen Blase denkt. Vieles hat für mich auch viel mit einem weiter gefassten kulturellen Kontext und z.B. Verfügbarkeit von Produkten zu tun. Liegen die Buxen in jedem Supermarkt im Regal und du musst nicht ins Sanitätshaus rennen, fällt ja schon mal eine kleine Schamhürde weg. Genau deswegen wird ja unter anderem auch in anderen Ländern viel offener mit Inkontinenz umgegangen. Für mich sind es also eher viele solche kleine Bausteine.
Ich würde deswegen aber nie sagen, dass es darum einfacher wäre oder es anderswo mehr ABDLs gäbe. Wäre das so, wäre auch jeder Versuch, ABDL irgendwie rational und wissenschaftlich erklären zu wollen, völlig überflüssig, weil es dann genaue Muster und Trigger geben müsste, die zur Entwicklung dieser Verhaltensweisen führen und man sich seinen Fetisch quasi gezielt aussuchen und antrainieren könnte. Genau die gibt es aber nicht und ich glaube auch nicht, dass das auf absehbare Zeit gelingt. Dazu sind die Spielarten innerhalb des ABDL-Überbegriffs noch viel zu unterschiedlich. Es gibt faktisch nicht den prototypischen ABDL und jeder Versuch einer Klassifizierung ist eigentlich wie ein Wollknäuel, aus dem immer wieder neue Fäden hervorkommen. Ich glaube eher, dass es wie bei jeder anderen Spielart einfach eine gewisse Menge an Leuten gibt, die aber nicht genau messbar sind, weil nicht jeder offen damit umgeht. Hier könnte man sogar wieder auf die Studie zurückkommen, weil sehr wahrscheinlich ja da auch nur Leute drin auftauchen, die kein Problem damit haben.
Pi