Habe gerade diesen interessanten Thread durchgelesen. Spannend zu lesen, wie viele irgendwie mit der Wahrheit über sich selbst ringen. Das meine ich nun in keiner Weise negativ. Ich bin nur gerade erstaunt, weil meine Realität so anders ist.

Ich habe das nie so erlebt. Ich hatte als Kind und Jugendlicher nie die Wahl, ob ich mich "outen" möchte oder nicht.

Ich bin mit dem Bewusstsein aufgewachsen nicht ganz "normal" zu sein. Aber auch mit dem noch stärkeren Bewusstsein, dass dies kein Hindernis darstellt. Während meiner Kindheit wusste gefühlt jeder, dass ich andres bin, weil mein Verhalten damals sehr auffällig war. Es war deshalb auch bekannt, dass ich nachts und manchmal sogar tagsüber Windeln tragen musste. Ich habe im Zeltlager oder im Klassenlager meine Windeln getragen. Meine Windeln war dabei nie ein grosses Geheimnis. Ich kannte es nicht anders. Das war manchmal sehr peinlich. Aber in der Pubertät und als junger Erwachsener wurde ich von meinen Kameraden oft dafür bewundert, wie gut ich mit meiner Behinderung zurecht kam. Ab einem Alter von etwa 12/13 Jahre spielten die Windeln für die anderen plötzlich keine grosse Rolle mehr und ich wurde selbständiger. Die Kameraden behandelten mich immer mehr mit viel Respekt und halfen mir sogar manchmal. Ich lernte damals Schritt für Schritt, mich zu integrieren. In dieser Zeit entstanden mehrere gute Freundschaften mit Mitschülern, die bis heute halten. Freundschaften mit Menschen, die meine Eigenheiten akzeptieren. Windeln spielen für sie keine Rolle, weil sie mich als Person mögen.

Auch wenn meine Inkontinenzprobleme heute grösstenteils Teil der Vergangenheit angehören, mache ich trotzdem kein grosses Mysterium daraus, dass heute Nachtwindeln tage, weil ich mich nachts fixiere. Klar gehe ich nicht damit hausieren und erzähle es ungefragt. Aber wenn das Gespräch darauf fällt, weiche ich nicht aus. Meine Freunde, meine Familie und sogar mehrere meiner Kunden wissen deshalb von meinen Windeln und bisher habe ich deshalb keine Freunde oder Kunden verloren.