Ein freundliches Hallo in die Runde, ich bin 62 Jahre alt und möchte gerne über meinen Weg erzählen. Angefangen hat meine Inkontinenz - im Nachhinein - wohl vor einen guten halben Jahr.

Solange ich zurückdenken kann, gab es immer wieder Situationen (Hände ins Wasser beim Abwasch, das Plätschern der Espressomaschine, Wasserrauschen allgemein, kühler Windzug um die Beine u.v.m), die einen Harndrang auslösten - was nie ein Problem war; kurz den Schließmuskel anspannen, nach wenigen Sekunden war der Drang dann weg, alles gut. Bis dass mir seit einem halben Jahr immer öfter zunächst einige Tropfen, dann auch etwas mehr abgingen, bis das ich den Drang wieder „einfangen“ konnte. Es kam die übliche Vermeidungsstrategie (vor potentiellen Situationen Toilettengang etc.) und - viel schlimmer - unbewusst oder bewusst absolute Minimierung der Flüssigkeitsaufnahme. Vor 3 Monaten kam dann noch - nicht jeden Tag und nicht immer, aber ab und zu - ein nicht spürbares, leichtes Dauertröpfeln dazu- auf einmal war dann ab und an Unterwäsche und Hose nass! Auch dies hatte ich zunächst - unser wohlverdienter Jahresurlaub nahte - geflissentlich ignoriert und überspielt.

Wir starteten bald darauf in den Urlaub mit unserem Camper Richtung Spanien. Aber auch auf der langen Autofahrt hatte ich dann wieder eine feuchte Hose. Am zweiten Tag unserer Fahrt - inzwischen in Südfrankreich - sprach mich dann meine Frau an, warum in aller Welt ich die ganze Zeit schon nichts trinken würde und ob ich nicht wüsste, was das mit meiner Gesundheit anstellt. Diese Bemerkung war für mich dann der Augenöffner, dass bei mir in letzter Zeit wohl etwas ziemlich schief läuft. Ich „beichtete“ also meiner Frau, dass ich wohl nicht mehr immer ganz dicht sei und erklärte in einem intensiven Gespräch, wie es mir ging und wie ich mich damit fühlte. Sie reagierte äußerst verständnisvoll und emphatisch und wir wollten die Situation offen, unverkrampft und vor allem gemeinsam meistern. Wir haben dann zunächst am nächsten großen Supermarkt Halt gemacht und ich habe mir aus dem reichhaltigen Sortiment eine Packung passender Pants besorgt - und beschlossen, dass ich - nun geschützt - mein Trinkverhalten sofort wieder normalisieren kann, was mir sehr schnell bezüglich Fitness und Denk- und Reaktionsfähigkeit geholfen hat. Leider hat sich dadurch die Dranginkontinenz verstärkt, aber damit kann ich leben! Der Schritt dahin, meiner Frau und vor allem mir selbst meine Inkontinenz einzugestehen und in Konsequenz zu Hilfsmitteln zu greifen, war eine echte Befreiung für mich. Endlich keine nasse Wäsche mehr, endlich wieder vernünftig trinken können, wieder alles machen zu können, auch wenn keine Toilette in der Nähe ist, gab mir wieder meine Lebensqualität voll zurück. Natürlich landete auch immer wieder etwas in der Pant (so 20 - 30%), aber das sieht und merkt niemand, und ich selbst war vom Tragekomfort und Hautgefühl - je nach Produkt - sehr angetan und empfinde dies als um Längen angenehmer als feuchte Wäsche… Sehr geholfen hat mir natürlich auch meine Frau, die mir nicht nur sagt, sondern auch immer wieder zeigt, dass es ihr vollkommen egal ist, dass ich nun in Windelhose neben ihr im Bett liege.

Natürlich habe ich noch im Urlaub intensiv im Netz recherchiert. Die wichtigste Erkenntnis für mich war, dass ich mit meinem Problem absolut nicht alleine bin, ich war erstaunt, wie viele in meiner Altersgruppe Ü60 betroffen sind. Sollte es ein Dauerzustand werden, habe ich absolut kein Problem damit - mit den entsprechenden Inkontinenzprodukten kann ich mein Leben vollkommen normal weiterführen, ich habe keinerlei Schmerzen oder Beschwerden, das Tragegefühl empfinde ich absolut nicht als unangenehm, entsprechend gekleidet sieht kein Mensch irgendetwas davon und die Kosten - Internetrecherche sei Dank - sind akzeptabel (wenn ich bedenke, was ich in früheren Jahren z.B. für Tabakwaren ausgegeben habe, ist die Inkontinenz ziemlich billig!).

Natürlich bin ich sofort nach unserem Urlaub zu meinem langjährigen Hausarzt, zu dem ich grenzenloses Vertrauen habe und der mich auch schon durch andere, nicht so leichte Erkrankungen begleitet hat. Prostata ist in Ordnung, Entzündung liegt keine vor, Blasenvolumen ist in Ordnung, Restharn nach Entleerung kaum vorhanden. Für ihn sieht alles nach einer eher altersbedingten Inkontinenz aus, die einfach einen gar nicht so kleinen Prozentsatz meiner Altersgruppe erwischt. Für ihn ist das Maß aller Dinge, wie ich mit der Situation umgehen kann und wie ich mich damit fühle. Natürlich gibt es Trainingsmethoden, natürlich könnte er mir Medikamente verschreiben, die den Harndrang mildern (wenn auch mit unangenehmen Nebenwirkungen), natürlich gibt es auch noch andere Möglichkeiten, die Kontinenz zu verbessern, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich das ganz komplett wieder loswerde, ist wohl nicht sehr hoch. Auch meine Medikamente, die ich seit zwei Jahren nach einem Infarkt dauerhaft nehmen muss, fördern die Inkontinenz eher - sollten aber wegen meiner seit Einnahme hervorragenden Blutdruck- und Herzfrequenzwerte keinesfalls verändert werden. Was mir eine graduelle Verbesserung bringt und welchen Aufwand ich dafür treiben möchte, muss ich selbst entscheiden. Meinem persönlichen Empfinden nach bringt es mir nicht sehr viel, ob ich nun 60 % oder 80% in die Toilette schaffe - auch bei 80% werde ich kaum ohne Schutz herumlaufen…

Natürlich hat er mir - neben einem Dauerrezept für Hilfsmittel - auch eine Überweisung zum Urologen gegeben, der Termin steht noch aus. Für mich die wichtigste Frage ist, ob dies nun eine einfache „Altersinkontinenz“ ist oder schlimmstenfalls das Symptom einer ernsthaften Erkrankung (was mein Hausarzt aufgrund meiner bisherigen Historie, aktuellen Blut- und Blasenwerte für nicht sehr wahrscheinlich hält).

Nach einigem Experimentieren bin ich tagsüber von den Tena Pants auf die Tena Flex umgestiegen, die wesentlich leichter zu wechseln sind, ohne sich mehr oder weniger komplett aus- und anziehen zu müssen und die auch saugfähiger (und trotzdem diskret zu tragen) sind, aber trotzdem ganz leicht und schnell zum Toilettengang zu öffnen sind! Ich komme mit zwei Stück problemlos über den Tag.
Nachts hatte ich ein anderes Problem mit den Pants; da ich (aus Kindheitserlebnissen) große Angst vor einem nassen Bett habe, hatte ich mit den Parts einen nur sehr leichten Schlaf und bin bis zu 6 mal in der Nacht aufgewacht, um auf die Toilette zu gehen, damit auf jeden Fall das Bett trocken bleibt. Da ich danach auch nicht sofort wieder einschlafen kann, war ich nach zwei Wochen ziemlich gerädert. Ich habe mich dann entschlossen, auf den wesentlich besseren Schutz einer „richtigen“ Windel zu vertrauen. Da das vorsichtige Öffnen und korrekte Wiederverschließen der Windel im schlaftrunkenen Zustand - und wenn sowieso schon ein guter Schwall auf dem Weg zur Toilette in die Windel geht - schwierig ist, entschloss ich mich nach reiflicher Überlegung, einfach im Bett liegen zu bleiben und nachts ausschließlich die Windel zu benutzen. Nach ein paar Nächten Gewöhnung und Abbau der Hemmungen wache ich i.d.R. inzwischen nur noch leicht mit Blasendruck auf, drehe mich auf den Rücken, lasse laufen und bin danach sofort wieder am schlafen - mir geht es gut damit, also ist das für mich in Ordnung so!

Sorry für die doch ziemlich lang gewordene Geschichte, die ich aber dem Forum erzählen wollte. Vielleicht kann ich auch Andere, die wie ich noch am Anfang dieser Reise stehen, ermutigen, sich selbst ihre Kondition möglichst früh und ohne Scheu und Scham einzugestehen, und auch unbedingt den/die Partner(in) mit einzubeziehen - uns hat die Auseinandersetzung mit diesem doch auch recht intimen Thema nach 40 Jahren Beziehung auch wieder ein gutes Stück näher zusammen geschweisst! Und selbstverständlich den Arzt eures Vertrauens einbeziehen!