Hallo liebe Community-Mitglieder



Der nachfolgende Text ist etwas lang, sorry! Aber ich habe mir tagelang überlegt, was ich zu diesem Thema wie schreiben möchte. Da sind viele Gedanken zu ordnen gewesen, ist viel Material zusammengekommen. Trotzdem habe ich versucht, die Sache möglichst nicht ausufern zu lassen.
Nun also zum Beitrag:



In zahlreichen, selbstkritisch geschriebenen Texten dieses Forums trifft man mit konstanter Regelmässigkeit auf das stets gleiche, negative Selbstbildnis, das vielen Betroffenen AB`s, AC`s und DL`s scheinbar richtiggehend in die Seele eingebrannt worden zu sein scheint.
Immer wieder ist beispielsweise zu lesen, dass sich Menschen schämen oder gar vor sich selbst ekeln für das, was sie empfinden, was sie sind. Und dabei geht es doch bloss um das Tragen von Windeln, um das Bedürfnis, wenigstens für eine kurze Zeit während des sonst hektischen, geschäftigen Alltages zu flüchten in die heile Welt des Kleinseins. Eine Welt, die der Seele so gut tut, ihr wieder Energie gibt, Freude am Leben vermittelt.

Warum nur haben wir nicht die Kraft, die Gelassenheit, uns so anzunehmen, zu akzeptieren und zu mögen wie wir sind, mit allem, was wir sind, was uns ausmacht?

Ich möchte diese Frage einmal etwas eingehender diskutieren (auch und vor allem mit Euch!) indem ich mich speziell mit dem Begriff „Fetisch“ auseinandersetze, der in meinen Augen ein starkes Symbol für das ganze Übel ist.



Damit Ihr versteht, worum es mir im Kern geht, stelle ich zwei Pressemeldungen vorab, die stellvertretend für eine Vielzahl gleicher und ähnlicher Berichte einen ersten Vorgeschmack geben sollen.
(Hervorhebungen habe ich vorgenommen)



Die schweizer Gratiszeitung 20 Minuten berichtet am 20.08.2013:

„Dieb klaut gebrauchte Babywindeln
Ein Dieb klaut in Aadorf TG volle Windeln. Dahinter könnte ein Windel-Fetischist stecken.Die Eltern sind besorgt. …“
Auf der Webseite der Süddeutschen.de kann man am 13.01.2014 lesen:

Perverser Windelfetisch
Er erregt sich an Jungen, die Windeln tragen: Damit ein Rezeptionist eines Münchner Hotels seinen Sex-Fetisch ausleben kann, bietet er Jugendlichen viel Geld. Nun steht der 28-Jährige wegen sexuellen Missbrauchs in 16 Fällen vor Gericht. …“


Unüberhörbar ist die allgemeine negative Konnotation des Begriffes Fetischismus, die in sämtlichen Pressemeldungen über zum Teil (aber natürlich nicht nur!) triviale, ja eine Erwähnung in Medien lächerlich erscheinende Begebenheiten mit trauriger Konstanz aufscheint. Da heisst es schnell einmal, ein Windelfetischist sei pervers. Wir sagen zu unseren Kindern: „Komm, weg von diesem Menschen! Der ist gefährlich/schmutzig/abartig/etc.!“
Die Eltern sind besorgt!

Doch halt! Einen Moment! Ich trage schliesslich auch Windeln, gern sogar! Bin ich deswegen pervers? Abartig? Schmutzig? Gefährlich?
All diese Meldungen machen mich immer wieder sehr traurig – und wütend! Denn so, wie mich die „Masse“ offenbar allzu gerne sieht, so, wie mich die „Masse“ unüberlegt und voreilig stigmatisiert, so bin ich nicht!



Doch was ist überhaupt Fetischismus? Was meint man mit diesem Wort, wer ist damit gemeint?
Beim Versuch, die Bedeutung des Begriffs Fetischismus – und insbesondere des präzisierenden Terminus Windelfetischismus – festzulegen , bin ich auf der Suche nach Definitionen auf zahlreiche Seiten gestossen. Ich habe die wesentlichen Abschnitte herauskopiert um Euch zu zeigen, dass der Grundtenor stets derselbe ist:
(Auch hier habe ich, was mir wichtig und typisch erschien, hervorgehoben)



Wikipedia:

Als sexueller Fetischismus wird in der Regel eine sexuelle Devianz verstanden, bei der ein meist unbelebter Gegenstand (vgl. Objektsexualität), der sogenannte Fetisch, als Stimulus der sexuellen Erregung und Befriedigung dient.
Psychosoziale Gesundheit (Prof. Dr. med. Volker Faust):

Fetischismus ist die sexuelle Erregung und Befriedigung durch Ersatzobjekte. Aus sexualmedizinischer Sicht zählt er zu den sogenannten sexuellen Variationen, die man einteilen kann in ungewöhnliche (abnorme) Sexualobjekte (zu denen der Fetischismus zählt) und ungewöhnliche (abnorme) Sexualpraktiken (z. B. Exhibitionismus, Sadismus, Frotteurismus).
dann weiter:

Krankheitsbild
Am häufigsten ist ein unbelebtes Fetisch-Objekt, meist ein Bekleidungsstück (Kleiderfetischismus: Wäsche, Strümpfe, Schuhe, Kleider, Schürzen, Stiefel, Regenmäntel, Handschuhe, Uniformen usw.).
Stern:

Getragene Socken, Latexhosen, Luftballons oder Windeln: Sexuelle Vorlieben von Fetischisten wurden von Psychiatern lange Zeit als pervers eingestuft. Noch heute wird Fetischismus im Internationalen Krankheitscode (ICD 10) als "Gebrauch toter Objekte als Stimuli für sexuelle Erregung oder Befriedigung" beschrieben - und als "Störung der Sexualpräferenz".
Lebenshilfe ABC:

Fetischisten benutzen unbelebte Gegenstände, sog. Fetische, um sich sexuell zu erregen, die sexuelle Erregung zu steigern und zu befriedigen. Der Fetisch dient als Ersatzobjekt für einen Partner. Er ist für die Betroffenen die wichtigste Quelle für ihre sexuelle Erregung oder für die sexuelle Befriedigung unentbehrlich. Fetische werden überwiegend von Männern benutzt.

Wie Ihr sehr leicht feststellen könnt, hat Fetischismus laut Definition immer, immer etwas mit Sexualität, mit sexueller Befriedigung zu tun. Nicht dass Sexualität etwas unschönes, etwas widerliches wäre, nein, ganz im Gegenteil! Doch eine Reduktion unserer AB, AC und DL Leidenschaft auf rein sexuelle Triebbefriedigung scheint mir nicht nur viel zu kurz gegriffen, sondern auch absurd! Ausserdem spricht man sogar von Devianz, also einem abweichenden Verhalten – abweichend von der Norm, also: abnormal. Das hiesse, um einmal beim simplen Beispiel des DL`s zu bleiben, dass das Tragen von Windeln nichts anderes sein soll als eine permanente Dauerbefriedigung sexueller Gelüste durch ein totes Objekt!
Das klingt schon ziemlich abartig, und wer uns „Windelbabies“ auf diesen kleinsten Nenner bringt, hat überhaupt nicht verstanden, worum es uns wirklich geht.

Ich behaupte einmal: Den wenigsten von uns geht es beim Kleinsein, beim Tragen von Windeln um Sex, um Selbstbefriedigung. Wir – ich schreibe im Folgenden „wir“, weil ich annehme, dass es nicht nur mir so geht – also wir empfinden bei diesen Spielereien in Wirklichkeit viel tiefer, da werden Bereiche der Seele berührt, die unser Innerstes aufwühlen, Emotionen wecken. Das Adultbaby-Spiel oder schlicht das Tragen von Windeln bringen unser ganzes Wesen wieder in ein fundamentales Gleichgewicht, weil wir damit in seelische Bereiche vorstossen, die uns so gut tun.

Wenn ich mich selbst beobachte, meine Gefühle, die aufblühen, wenn ich mir eine Windel anziehe, dann hat das etwas mystisches, etwas Tiefes, dann habe ich Herzklopfen, ich fühle mich rundum wohl und geborgen – ja, Geborgenheit ist der Schlüsselbegriff! – und der Gedanke an Sex ist so fern wie ein Stern.
Da frage ich mich, wie um Himmels Willen kann man so schöne Gefühle abtun mit der Bemerkung, das sei blosse sexuelle Triebbefriedigung, das sei Fetischismus?
Ein so sehr hässliches Wort, das die ganze wunderbare Zauberwelt, in die sich mein Wesen hineinwagt, mit Schutz bewirft, dreckig macht.
Also, sage ich mir, fort mit diesem Begriff! Ich bin kein Fetischist!! Nieder mit diesem Unwort!! Denn was ich erlebe, wenn ich das Tor zu dieser schönen Welt aufstosse, hat nicht im geringsten etwas zu tun mit diesem Unwort – ja, der Begriff ist nachgerade eine Beleidigung für all das Schöne, das sich auftut, wenn ich eine Windel tragen darf.

Was mich nun sehr interessieren würde: wem von Euch ergeht es ähnlich? Wer von Euch allen will auch nicht mehr als „Fetischist“ verunglimpft, gebrandmarkt werden? Es würde mich sehr freuen, wenn Ihr mir Eure Gedanken zu diesem Thema mitteilen würdet. Vielleicht besteht sogar die Möglichkeit, eine neue, unverbrauchte, unserem Wesen gerechte Bezeichnung für das zu finden, was wir sind, was uns ausmacht. Eine Bezeichnung, die AB`s, AC`s und DL`s zusammenfasst und für alle gleichermassen treffend ist.




Es grüsst (Nicht im Namen des Fetischismus!)

Sirius