Zitat von
Grosser
Ich wurde Anfang der achtziger Jahre mit so einer fiesen Spange "ruhiggestellt". Ziel war es wohl, das Sprechen zu erschweren. Ich kam damals zur Lebenshilfe, weil meine Mutter es am besten fand für mich. ........ Dort in der Einrichtung hat man mich dann in Abstimmung mit meiner lieben Mutter Stück für Stück unselbständiger gemacht und mich damit gebrochen irgendwann. Wenn man stets sabbert und kaum sprechen kann, dann ist man für die anderen halbwegs normal entwickelten Kinder "richtig doll behindert". Handschienen, die man für "unbedingt notwendig" ansah, hielten mich davon ab, an den Außenbügeln zu fingern. Eine dicke Windel (konnte ja wegen den Schienen nicht alleine aufs WC) und entsprechende Kleidung (Overall mit Namen der Einrichtung und Vorname und Hinweis:geistig behindert) stempeln einen dann vollständig ab..
Wenn man dann aggressiv wird, muss man angeschnallt werden....
Heute wohl unvorstellbar. Vor 40 Jahren hatte meine Mutter als großzügige Förderin quasi freie Auswahl bei den Dingen, die mir zugute kommen sollten. Sie hat wirklich sehr viel gespendet und im Gegenzug würde ich dort so geformt, dass ich dort hinpasste.
Obwohl es 40 Jahre her ist, lässt es mich nicht los.
Zahnspange, Anfallshelm, Handschienen, Beinschienen, dicke Brille, mit der man schlecht sehen kann, Ohrstöpsel, die dich zum Kind machen, dass nicht versteht, Windeln, die man volldrücken muss, weil man regelmäßig Zäpfchen bekommt und dann immer erst mit Verspätung gewechselt werden, peinliche Kleidung. Man kann jeden Menschen mit solchen Dingen absolut demütigen und hilflos machen. Den versorgten behinderten fragt ja auch niemand, warum er so angeschnallt ist und ob er Windel trägt. Man hört es am knistern und sieht es. Es wird getuschelt. Der Mensch glaubt, was er sieht und macht sich dann ein Bild.