Zitat:
Zitat lunerouge
"und : ja, ich sehe all diese kleinkindsachen vollkommen ohne sexualität, wo das auch hingehört - in die welt des kleinkindes : und die kennt weder sexualität, noch onkeln und tanten die es mit sowas missbrauchen.
manche sollten sich auch mal fragen, ob sie sich nicht selber missbrauchen, aus welchen gründen auch immer ... "
Zitat:
Zitat WSvenH
"Was aber, wenn Kindheitserinnerungen auch irgendwo einen unbewussten sexuellen Charakter beinhalten?..."
Zitat:
Zitat beebee
"Das scheint ja ein Dauerbrenner zu sein, dass man das vom gespielten Kleinsein ganz klar trennen muss, so im Sinne von: wenn ich klein bin, bin ich klein, und wenn ich groß bin, bin ich groß.... Bei uns in der Ageplaygruppe gabs auch den Thread ist Kleinsein und Sex vereinbar? - und die Anworten waren: eher nicht - aber ich schrieb:...
...dohoch ;-)
hmm, weil es sich für mich andersrum anfühlt -
nicht: Darf das Kindliche auch Sex haben?
sondern: Hat Sex auch etwas Kindliches?"
Dazu einige Auszüge aus aktuellen Schriften zum Thema "Frühkindliche Sexualität", die ich der Einfachheit halber am Stück serviere. Auf die einzelnen, von den Vorpostern angesprochenen Punkte werde ich später eingehen.
Zitate aus "Kindliche Sexualität" (Seite Eltern im Netz)
Zitat:
"Schon Säuglinge haben sexuelle Erfahrungen. Sie verlaufen jedoch unbewusst und instinktiv und sind nicht wie beim Erwachsenen auf einen lustvollen Höhepunkt ausgerichtet. Bereits nach der Geburt erfährt das Neugeborene durch den Körperkontakt mit der Mutter und die Berührungen der Menschen, die es pflegen, ein Wohlgefühl. Nur durch diese Zuwendung und das Streicheln seiner Haut als größtes Sinnesorgan fühlt sich ein Baby angenommen und von den Eltern geliebt. Es erfährt so von Anfang an, dass sein Körper etwas Liebenswertes ist."
und:
Zitat:
"Schon in den ersten Lebensmonaten kann man bei Kindern körperliche Erregungszustände beobachten. Jungen können eine Erektion bekommen und Mädchen eine feuchte Scheide. Das ist völlig normal und kein Grund zur Beunruhigung. Dies sind schlichtweg Anzeichen dafür, dass sich ein Kind in der augenblicklichen Situation sehr wohl fühlt."
aber:
Zitat:
"Kindliche Sexualität hat nichts mit der Sexualität von Erwachsenen zu tun, die vornehmlich auf die genitalen Reize konzentriert ist. Kindliche Sexualität erfahren Babies und Kleinkinder mit allen Sinnen und mit der instinktiven und spontanen Lust auf körperliches Wohlgefühl. Sie können noch nicht zwischen Zärtlichkeit, Schmusen und genitaler Sexualität unterscheiden."
(Dies scheint mir ein besonders wichtiger Punkt zu sein!)
Zitate aus "Frühkindliche Sexualität" (Liliana Fried)
Zitat:
"Beim Neugeborenen werden die ersten diffusen Lustbedürfnisse vor allem durch taktile Reize gestillt, wie z.B. sanfte Berührungen, zartes Schaukeln oder Wärme. Dem trägt man heute bei manchen Geburtsmethoden und bei der Säuglingspflege Rechnung. Durch die stete Stimulation der Mund- und Analregion des Säuglings, wie z.B. beim Stillen, Füttern und Wickeln, steigert sich die Bereitschaft und die Fähigkeit, mittels dieser Körperregionen Lust zu erleben."
(...Freud's These einer strengen Abfolge verschiedener Phasen scheint heute widerlegt)
Zitat:
"Vielmehr geht man heute davon aus, dass die Konzentration der Lusterfahrungen in bestimmten Körperbereichen entscheidend von den Pflege- und Erziehungsgewohnheiten abhängen, die sich im täglichen Umgang der Eltern und anderer Sozialpartner mit dem Kind herausbilden (Fried, 1989). Deshalb ist es fur die frühe sexuelle Entwicklung des Kindes wichtig, welche Botschaften seine Bezugspersonen bei den alltäglichen Pflegehandlungen übermitteln.
...
Für die genitalbezogene frühkindliche Sexualität gilt das nicht so. Hier reagieren viele Erwachsene irritiert oder gar ablehnend. Tatsache ist aber, dass sich schon Säuglinge und Kleinkinder gern mit ihrer Genitalregion beschäftigen. Das ist vor allem beim Wickeln der Fall. Am liebsten fassen sie ihre Geschlechtsteile an oder spielen damit (vgl. Schuhrke, 1991). Die Mädchen bevorzugen ihren Kitzler, mit ihrer Scheide beschäftigen sie sich seltener. Die Jungen konzentrieren sich auf ihr Glied. Diese Berührungen scheinen bei vielen Kindern lustvolle Empfindungen hervorzurufen. In der Regel kann man noch nicht von Masturbation sprechen. Es kann aber durchaus zur Erektion kommen.
...
Wie weit die Kinder bei all dem gehen, hängt weitgehend von den Reaktionen der Eltern oder anderer Bezugspersonen ab. Dazu gibt es vereinzelte Untersuchungen (...), die verdeutlichen, dass die meisten Erwachsenen nicht unbefangen mit der genitalbezogenen frühkindlichen Sexualitat umgehen können. Dies lässt sich u.a. darauf zurückführen, dass der Mythos vom „asexuellen“ Kind immer noch nicht überwunden ist.
...
Knapp zusammengefasst:
Es gibt eine frühkindliche Sexualitat. Diese prägt sich sowohl in nichtgenitalen als auch in genitalen Formen aus. Gemeinhin haben Erwachsene weniger Probleme, die nichtgenitalen Ausdrucksformen anzunehmen und zu verstärken. Hingegen fällt es ihnen schwer, auch die genitalbezogenen Ausprägungen frühkindlicher Sexualität wahrzunehmen und zu akzeptieren. Für die gesunde Entwicklung des Kleinkindes ist es aber wichtig, dass es mit seiner gesamten Persönlichkeit angenommen wird. Wenn also Eltern bzw. ErzieherInnen einen Teil der Sexualität des Kindes verleugnen oder ablehnen, so geben sie dem Kind dadurch zu verstehen, dass sie es so, wie es ist, nicht akzeptieren können. Diese Botschaft kann für die weitere Entwicklung des Kindes folgenschwer sein.
..."
Zur Definition des Begriffes Sexualität nochmals ein Zitat aus Liliana Fried's Werk:
Zitat:
"Avodah Offit sagt dazu: Sexualität ist das, was wir aus ihr machen: eine teure oder billige Ware, Mittel der Fortpflanzung, Abwehr der Einsamkeit, eine Kommunikationsform, eine Waffe der Aggression (Herrschaft, Macht, Strafe, Unterwerfung), ein Sport, Liebe, Kunst, Schönheit, ein idealer Zustand, das Böse, das Gute, Luxus, Entspannung, Belohnung, Flucht, ein Grund der Selbstachtung, ein Ausdruck der Zuneigung, eine Art Rebellion, eine Quelle der Freiheit, Pflicht, Vergnügen, Vereinigung mit dem All, mystische Ekstase, indirekter Todeswunsch oder Todesleben, ein Weg zum Frieden, eine juristische Streitsache, eine Art, menschliches Neuland zu erkunden, eine Technik, eine biologische Funktion, Ausdruck psychischer Krankheit oder Gesundheit oder einfach eine sinnliche Erfahrung. ...
Früher war nämlich der sexuelle Bereich ganz selbstverständlich mit allen anderen Lebensbereichen verwoben. ...
Ganz anders der gegenwärtige Sprachgebrauch. Wer heute abstrakt von Sexualität spricht, verhüllt mehr, als er offen legt. ...
Auch das wissenschaftliche Verständnis von Sexualität ist durch die Fülle unterschiedlicher Erklärungsansätze nur schwer zu überblicken. ...
...Damit dürfte klar geworden sein, dass derzeit nicht zufriedenstellend beantwortet werden kann, was Sexualität eigentlich ist. Immerhin lässt sich aus der skizzierten Vielfalt ein Kern von Annahmen herausschälen, über die Einigkeit bestehen dürfte. Demnach zählt Sexualität zu den grundlegenden Erscheinungsweisen des Lebens. Sie betrifft die gesamte Persönlichkeit des Menschen, umfasst also körperliche, emotionale, soziale und dabei auch kulturelle Aspekte."
Offenbar geht dieses Thema tiefer, als ich - und manch andere hier auch ;) - erwartet hatten! Ich komme nicht umhin, meine Ansicht über Sexualität revidieren zu müssen, denn bis dato war meine Definition des Begriffes eher simpel: nämlich überwiegend Genital bestimmt! Aber Sexualität ist mehr, ist umfassender. Und wenn man sie auf diese synthetische Weise begreift, ist es auch kein Problem zu akzeptieren, dass schon Säuglinge ihre Sexualität erleben, aber eben auf einer sehr persönlichen, egozentrischen (unschuldigen) Ebene. Unter diesem neuen Gesichtspunkt wäre es mir auch möglich hinzunehmen, dass meine Windelleidenschaft durchaus eine sexuelle Komponente haben könnte.
Als Ursache für die Entstehung einer Windelleidenschaft (oder einer Ausprägung des AB bzw. AC Wesens) muss aber auch die Theorie des "Entthronungstraumas" in Erwägung gezogen werden. Hierbei handelt es sich um ein schockartiges, einschneidendes Erlebnis des erstgeborenen Kindes, das durch die Geburt eines Geschwisterchens seine bis anhin ungeteilte Liebe und Zuneigung durch Mutter und Vater plötzlich mit einem anderen schutzbedürftigen Wesen teilen muss. Es wird sehr oft berichtet, dass Erstgeborene bei Ankunft eines Geschwisterchens wieder in eigentlich schon überwundene Babyphasen zurückfallen, indem sie wieder in Windeln gewickelt werden wollen, wieder einen Schnuller haben oder wieder an der Brust trinken möchten. Dies sind ganz klar Zeichen dafür, dass das erstgeborene Kind wieder mehr Aufmerksamkeit von der Mutter beansprucht, weil es sich zurückgedrängt fühlt vom Zweitgeborenen.
Ich will dies nun nicht zu sehr im Detail besprechen, sonst ufert es aus, aber ich denke, dass eine Kombination dieser beiden Thesen eine gute Erklärung für eine spätere Ausprägung einer AB, AC oder DL Neigung liefern kann. Denn das erstgeborene Kind sehnt sich zurück nach der wundervollen Zeit, als seine „Sexualität“, eben das rundum geborgene Wohlgefühl in den Händen der Mutter/des Vaters, noch nicht geteilt werden musste.
@lunerouge
Es scheint, als müsstest auch Du Deine Ansicht über frühkindliche Sexualität nochmals überdenken! Wir unterliegen wohl mehr oder weniger alle der heilen, aber falschen Vorstellung vom Mythos des asexuellen Kindes.
@WSvenH
Mit Deiner Aussage liegst Du offenbar richtig.
@beebee
Im Wesentlichen treffen Deine Gedanken zu, bis auf die Tatsache, dass eben schon kleinste Menschenwesen eine Art Sexualität besitzen. Das Kindliche darf also durchaus auch in gewisser Weise seine eigene, auf sich bezogene, „unschuldige“ Sexualität haben.
Sirius