PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Alles (nicht) nur geträumt



ToWaWi
06.02.2024, 09:43
Vielleicht gefällt euch die ja! Gebt mir gerne Feedback. Ich hab noch reichlich weitere Teile dieser Geschichte :-)

Ihr kennt das, oder? Da muss man wirklich, wirklich dringend auf die Toilette, sprintet mit zusammengekniffenen Pobacken die letzten Schritte in Richtung Klo, reißt sich fast panisch Schlafanzughose und Slip runter, hechtet auf die Klobrille und … sitzt dann erstmal rum. Der unmenschliche Druck, das Grummeln im Darm. Alles auf einen Schlag weg. Wozu also die Hektik? Das liegt am Adrenalin, sagt mein Dad. Eine ganz typische Panik-Reaktion. Sein Vortrag geht eigentlich noch viel länger. Kann ich euch vielleicht später mal erklären. Wenn ich das hier hinter mir habe. Ich schließe die Augen. Atme ein paar Mal tief ein und aus. Versuche mich zu entspannen. Und merke schnell, dass das klappt. Die Sperre am Po wird lockerer. Ich atme ein letztes Mal ein und drücke ein kleines Bisschen. Und schon schafft es die weiche Kackawurst, die mich so genervt hat, aus mir raus. Es kommt richtig viel. Irgendwann dann auch Pipi. Ich rechne jeden Augenblick mit dem typischen “Platsch”, wenn die Matsche ins Wasser in der Kloschüssel platscht. Und mit dem lustigen Gefühl, wenn ein paar Tropfen nach oben spritzen und mich am Popo kitzeln. Ein Augenblick vergeht. Dann der nächste. Kein Platsch. Keine Wassertropfen. Und warum habe ich eigentlich die Augen geschlossen? Irgend etwas stimmt hier nicht.

Hektisch greife ich in Richtung Popo und muss dabei eigentlich an der Klobrille vorbei. Aber da ist kein hartes Plastik. Das ist nur warmer Frottee-Stoff. Und etwas anderes. Langsam spüre ich die Panik in mir hochsteigen. Ich strample mit den Beinen und höre das Knistern, das mich mit einem Schlag in die Realität holt. Ich reiße die Augen auf und weiß jetzt sofort, wo ich bin. In meinem Bett. Wo sollte ich um 2.30 Uhr in der Nacht auch sonst sein? Der Sprint auf die Toilette war nur ein Traum. Normalerweise ein Grund, sich wieder zu entspannen. Dafür gibt es aber überhaupt keinen Grund. Weil nur der Weg zur Toilette ein Traum war - und nicht das, was ich dort aus mir herausgedrückt habe. Ich wusste, was das bedeutete. Wusste, dass der Gestank sich in den nächsten Minuten zu mir durchgearbeitet haben würde. Trotz dicker Bettdecke. Und trotz der Windel.

Die war jetzt richtig voll. Mal wieder. Das ging jetzt seit beinahe zwei Jahren so. Irgendwann nach den Osterferien in der zweiten Klasse hatte ich in der Nacht das erste Mal eine volle Ladung in der Hose. Am Anfang vielleicht nur einmal pro Woche. Dann wurde es irgendwann so schlimm, dass Dad und ich entschieden haben, dass es ohne Windel nicht mehr ging. Natürlich hatte ich mich lange dagegen gewehrt. Eine Windel. Mit 8 Jahren. Das war eine absolute Katastrophe. Aber egal wie rebellisch du bist - irgendwann siehst du es ein. Weil es wirklich kaum etwas ekligeres gibt, als ein vollgekackertes Bett. Und weil du irgendwann alles ausprobiert hast, was Therapeuten, Psychologen und Ärzte so auf Lager haben. Besonders albern war die Klingelhose. Die weckt dich, wenn die Unterhose nass wird. Nette Idee. Aber das Pipi kommt immer erst kurz nach dem Kacka. Zumindest bei mir. Deshalb haben sie mir bei der gefühlt 99. Untersuchung im Schlaflabor irgendwann eine Windel angezogen. Und dabei sind wir dann auch geblieben. Bis heute.

...

Read the original news thread here (https://www.wb-community.com/showthread.php?t=61009).

giaci9
07.02.2024, 10:35
Sehr schöner Anfang! Hat eigentlich alles, was ein erstes Kapitel haben muss: Ein guter direkter Einstieg der den Leser fesselt und dann aber auch ein Ausblick, wie die Story weitergehen kann, ohne, dass sich alles ständig wiederholt. Eine Nachtzugfahrt, wie cool! Ich sehe die Atmosphäre am Bahnhof Abends schon vor meinen Augen und freue mich, das später zu lesen. Aber auch ein waghalsiges Unterfangen für ein Kind mit einem "sehr speziellen" Bettnässerproblem. Mich hat etwas überrascht, dass er am Ende des Kapitels eine neue Windel anbekommen hat und hatte die Beschreibung davor eher so gelesen, als wäre das morgendliche Anbehalten am Wochenende schon okay und nicht an das anziehen einer neuen Windel gedacht. Das hat mich dann gewundert, weil es sich für mich bis dahin nicht so las als würde der Junge seine Windeln mögen, sondern eher als "helfende Notwendigkeit" sehen, bei der es im Zweifel auch mal bequemer ist, sie morgends beim spielen anzulassen anstatt direkt gewickelt zu werden. Dass er dann in eine neue Windel gewickelt wird, hat mich da überrascht.
Was ich mir von den nächsten Kapiteln wünschen würde wäre mehr Charakterisierung des Jungen - was zeichnet ihn aus, außer dass er Nachts Windeln tragen muss? In der Ich-Perspektive hat man da ja ganz tolle Möglichkeiten. Auch die Szenerie zum Beispiel lässt sich super aus der staunenden Perspektive eines Kindes wiedergeben. Ich hoffe, du wirst viel Spaß beim weiterschreiben haben! :D

PS.: Der Schreibstil erinnert mich an die Geschichten von "Der Beobachter", z.B. "Alles wird besser, vielleicht sogar gut", was ich als Lob meine! :o

nice.smile
07.02.2024, 22:11
Ich schließe mich meinem Vorredner an. Sehr gut geschrieben. Mich hat die frische Windel am Morgen allerdings nicht überrascht. Ich hatte das so verstanden, dass die Windel mal samstags an geblieben ist, als sie morgens noch frisch war und sich dann ein Ritual daraus entwickelt hat.
Im Gegensatz zu meinem Vorredner habe ich in der Geschichte allerdings nirgends einen Hinweis gefunden, ob das Kind ein Mädchen oder ein Junge ist. Das spielt zwar eigentlich keine Rolle aber es ist schon komisch, wenn man es beim lesen nicht weiß.
Mich würde auch interessieren, wieso im Haushalt keine Mutter lebt.
Da die meisten Kinder im Laufe der vierten Klasse 10 Jahre alt werden, steht wahrscheinlich bald auch die Klassenfahrt zum Abschluss der Grundschule an. Das stelle ich mir mit dem Problem auch etwas schwierig vor. Bettnässer kann man meistens relativ gut vor den anderen Schülern verstecken, selbst wenn sie in einem Zimmer mit anderen schlafen. Das habe ich schon von erfahrenen Lehrern aus meinem Freundeskreis gehört. Die Stinkewindel zu verstecken geht wohl mit Sicherheit nicht. Es sei denn, das Kind wacht dabei immer auf und kann mitten in der Nacht zum Lehrer zum sauber machen...
Was mich auch gewundert hat ist die Diskussion wegen Klebewindeln. Die sind normalerweise billiger als Pants.

Ich freue mich auf weitere Teile.
Grüße, Volker

igel
09.02.2024, 17:44
I do understand German, still not able to express myself in German. I have to say, it's a very well written story, when you really can feel the feelings the character has. So a really good start on a story with potential.