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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Agedreaming: Bewusst sein zwischen den Welten



Tintin
28.09.2021, 17:32
Die Szenebegriffe werden immer weiter differenziert und betiteln immer präzieser, worum es sich im einzelnen dreht. Seit gut einem Jahr verbreitet sich von Großbritannien aus der Begriff "Agedreaming", der zwischen Ageplay und Ageregression zielt. Der Begriff soll das Spiel in einer am Wunschalter orientierten, erträumten Welt benennen, in der der Träumer bewußt handelt und/oder phantasiert.

Autonepiophilia, Psychosexual Imfamtilism und Paraphilic Infantilism sind die Fachbegriffe, mit denen die Psychologie unsere Welt benennt. Übersetzt bedeuten sie "Freude daran, sich als unmündiger Mensch zu fühlen" und "Krankheit des seelischen und/oder sexuellen Verharren in der Kindheit" und "Krankheit des Verharrens in der Kimdheit als unübliche Neigung".
Das sind schon sperrige Begriffe, weshalb sich die sich herausbildende Gemeinschaft lieber etwas griffiger "Adult Babys" und im Falle der eher objektorientiert Empfindenden, ganz pragmatisch "Diaperlover" nannte und sich hinter dem Akronym ABDL sammelte.
Jedoch fühlten sich viele durch diese Begrifflichkeit eher schlecht repräsentiert, fühlten sie sich doch nicht als Babys, sondern anderen Altersstufen angehörig. Jede Altersgruppe (er)fand ein eigenes Buchstabenkürzel oder Kurzbegriff. Aus der BDSM-Szene heraus entwickelt wurden die auf Macht- und Abhängigkeit fokussierten und Altersunterschied betonenden Spielarten DDLG Daddy Dominus/Little Girl - mit allen denkbaren weiteren Geschlechterkombinationen) oder als Caregiver/Little. Manche benennen diese Spielarten oberbegrifflich schon als Ageplay, andere sehen die Entstehung des Begriffes Ageplay unabhängig von Machtgefällen, orientiert an einem nicht realen Alter.

Allgemein wird Ageplay gerne den Kinks (also ungewöhnlichen sexuellen Praktiken und Neigungen) zugeordnet, womit diejenigen sich nicht repräsentiert fühlen, die das Ageplay nicht als sexuell stimulierend empfimden. Beiden gruppen gemeinsam ist, daß sie sich bewußt in das Spiel begeben und willensorientiert handeln.

Ein(e) Ageregressor ("Alterszurückentwickler" - gemeint ist nicht die psychologische Technik) empfindet, denkt und handelt einem Kind entsprechend, ohne dies bewußt zu beeinflussen und ohne adulte sexuelle Empfindungen zu haben.

Zwischen den beidenPolen Ageplay (voluntatives Spiel) und Ageregresson (nicht voluntativ beeinflußtes (naives) Denken und Handeln gepaart mit der Umgebungswahrnehmung aus der Perspektive eines Kindes heraus) etabliert sich der Begriff Agedreaming.

Wie eingangs erwähnt, soll der Begriff das Spiel in einer am Wunschalter orientierten, erträumten Welt beschreiben, in der der Träumer bewußt handelt. Derzeit vorherrschende Meinung ist, daß Agedraming ohne sexuelle Motivation geschehe.
Das bewußtes agieren möglich ist, unterscheidet das Agedreaming vom Tagtraum, dessen Handlung und Verlauf vom Träumer nicht gesteuert werden kann. Während der Ageregressor auf allen Wahrnehmungen, Urteilen und Handlungen denen einem Kind entspricht, bewegt sich der Agedreamer, wahlweise gedanklich oder physisch, durch eine imaginäre Traumwelt, die er sich selbst in seinen Gedanken bewußt ausgestaltet. Ein bewußtes Sein zwischen den Polen und Wahrnehmungswelten.

So könnte sich also jemand, der ich klein aber nicht kinky fühlt und in eine beschützte Traumwelt hineinträumt, sich als "Agedreamer" beschreiben, ohne sich durch den Begriff "Little" irrtümlich in die.Nähe von Macht- und Erziehungsspielen zu rücken

blubby
28.09.2021, 18:11
Wahnsinn, das musste ich ja jetzt erstmal 3x lesen, bevor ichs verstanden habe.
Ich glaube, da blicken auch viele Akteure nicht mehr durch. Die Welt ist bunt auch in dem kleinen meist windelaffinen Teilbereich.
Schon früher als es nur DLs und ABs gab, war die Differenzierung schwierig. War ein DL der in Windeln viel lieber kuschelt schon ein AB, oder musste er davor noch ein Malbuch ausmalen um sich zu qualifizieren?
Heute quillt das Internet über von allerlei interessanten, schwierigen, aufregenden, verstörenden Facetten des Themas. Ich glaube, dass man das so genau gar nicht mehr ausdefinieren kann, weil die Grobkategorisierung als Basis für echte zwischenmenschliche Beziehungen sowieso nicht ausreicht (da ist unendlich Kommunikation notwendig, auch wenn Grobkategorien passen) aber auch in der allgemeinen Kommunikation zu Missverständnissen führen dürfte. Darf jemand in einer Regession-Chatgruppe sein, der zugibt beim Blick auf Mamis Brüste nicht nur Durst zu empfinden?
Insofern ist das alles kompliziert. Eine Differenzierung würde ich aber auf jeden Fall da machen, wo jemand für sich klar sagt, dass die Regression keinerlei sexuellen Reiz für ihn hat und es nicht um ein Machtungleichgewicht geht.
Eigentlich ist das Wort Agedreamer sogar noch das beste von allen. Weil Träumerei ist immer ne Menge dabei.

Tintin
28.09.2021, 18:57
Ich stimme Dir zu und vermute dem Grund für das Dilemma in der Verwirrung durch den Zusammenfluß der Strömungen aus unterschiedlichsten Richtungen, Kerninteressen und Etiketten.

Der Club dpf differenzierte seine Mitglieder nach einem langen Katalog mit Dingen, Handlungen und Gefühlen, diw man markierte, ob man sie mochte oder nicht. Das Ergebnis war ein individuelles Profil, kein Etikett.

Pamperwölfchen
28.09.2021, 22:11
Bei genauem Lesen schien mir das doch alles schon gesagt worden zu sein, was ich geschrieben hatte.

kay'est
29.09.2021, 09:46
Viel Text und noch mehr Fachchinesisch. Natürlich gibt es viele facetten, aber gibt man wirklich etwas drauf wie uns irgendwelche Quacksalber bezeichnen? Wichtig ist doch wie man sich selber sieht und für sich akzeptieren kann. Auchsollte man halt etwas offener sein, bzw. auch etwas Rücksicht nehmen. Es kann halt auch verstörend sein wenn sich Leute so richtig tief im Little Space befinden und andere über intime Dinge schreiben / erzählen

Tintin
29.09.2021, 10:22
Es ist auch eine Frage der individuellen Herangehensweise. Mitunter ist die Frage nach dem "warum" laut und quälend und die Möglichkeit, sich durch ein einfaches Etikett zu erklären, eine Erleichterung. In der Lage zu sein, "es" einfach so ohne Hürden, die der eigene Kopf aufstellt, htun zu hkönnen, halte ich für ein großes Glück.

achso - ja, ich hätte deutlicher betonen sollen, daß die Flut an Bezeichnungen und Etiketten aus den Szenen selbst, nicht.aus der Wissenschaft stammt.

filix
03.10.2021, 21:41
Ich finde Namen und Bezeichnungen im Allgemeinen schon sehr hilfreich, und auch wenn es neue und bessere Versionen von Bezeichnung gibt. Das erleichtert zum einen die Kommunikation und zum anderen erleichtert es auch mit sich selbst darüber ins Reine zu kommen, Gleichgesinnte zu finden und eventuell auch Hilfe/Tipps zu bekommen.
In diesem Fall ist es doch interessant, dass es scheinbar mehr Facetten gibt, als man vielleicht dachte....

Bongo
04.10.2021, 21:12
Ich finde es ernsthaft befremdlich, dass am laufenden Band neue etiketten dazu kommen.

Es löst bei mir mit jedem mal ein zunehmendes Außenseiter - Gefühl aus, weil ich mich einfach nicht auf ein dummfurziges Etikett reduzieren kann, wenn ich doch (scheinbar im Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung) so erfahren, kosmopolitisch und vielseitig bin.

Naja, werdet ihr mal ruhig mit eurer kleinen beschränkten one track mind Welt glücklich.
Ich geb die Hoffnung nicht auf, dass irgendwo jemand auf mich wartet, der auch keine Monokultur ist. Vllt ist er auch schon da, und ich habs noch ned gemerkt ;)

Tintin
08.10.2021, 15:15
Wie präzise möchte man etwas beschreiben? Zum beispiel die Farbe Grün. Meist reichen Grün, Dunkelgrün und Hellgrün aus. Um die Natur um sich herum zu beschreiben, haben Aborigines etwa 60 Begriffe für Grüntone im aktiven Wortschatz. Graphiker beschreiben mit dem Pantone-Farbsystem hunderte von Grüntönen. Also eine Frage des Bedarfs - wie hier auch.

Heavy User
08.10.2021, 19:28
Die Sapir-Whorf- Hypothese?

Ist das nicht ein wenig übertrieben?

littleboy89
10.10.2021, 19:03
jedem grüppchen sein name... wobei ich auch langsam nicht mehr durchblicke, weil jeder sich genau spezifizieren möchte. ich hab ja schon eine ewigkeit gebraucht um den groben umriss nur zu verstehen.

Bongo
10.10.2021, 19:32
Die Sapir-Whorf- Hypothese?

Ist das nicht ein wenig übertrieben?

Wie bitte? Die Saphir-Wolf Hypothese? :D

Mal im Ernst:
Kannst du ausführlicher erläutern, wie du das meinst?
Ich hab danach gegoogelt und es war mehrdeutig.

Heavy User
10.10.2021, 21:53
Tintins Erwähnung von Sechzig verschiedenen Bezeichnungen für die Farbe "Grün" ist ein direkter Verweis auf die Sapir-Whorf-Hypothese die eine Zusammenhang zwischen Denken und Sprache annimmt. Als Science-Fiction-Leser kommt einem die Sapir-Whorf-Hypothese gelegentlich vor die Lesebrille.

Und es waren angeblich Hopi-Indianer, nicht Aborigines.