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racer
08.04.2014, 08:43
Hallo zusammen,

ich habe gestern Abend hier im Forum eine Geschichte gelesen. Diese Geschichte hat mich mal wieder in Erinnerungen schwelgen lassen.

Wisst ihr was komisch ist? :
Ich weiß, ich habe es hier im Forum schon oft geschrieben und denen die ich kenne auch schon oft erzählt. Aber damit diejenigen die es jetzt nicht wissen und dies hier lesen nicht extra suchen müssen, möchte ich es nochmal kurz erzählen:

Ich hab als Kind extrem viel geschnullert. Mit dem trocken werden hatten meine Eltern auch ihre Last, obwohl ich selbst dabei mit half wo es nur ging, weil ich die Windeln loswerden wollte. Wahrscheinlich deshalb, ließen meine Ellis mir meinen Schnuller, der im Kiga immer mit dabei war. Dass die meisten anderen Kinder in meinem Alter keinen Schnuller mehr hatten und manchmal auch etwas spöttisch darauf reagierten störte mich weniger bis gar nicht. Mit ca. 3,5 Jahren war ich die Windeln endlich los (auch nachts). Dann galt es, mich dem Schnuller zu entwöhnen. Das schafften meine Ellis aber nicht richtig. Ich hatte und habe auch heute im Nachhinein den Eindruck dass sie es auch nicht 100%ig versuchten. Wahrscheinlich dachten sie, er hört irgendwann alleine damit auf. Womit sie auch recht behielten, denn ab meinem Ersten Schultag hörte ich von jetzt auf gleich damit auf.

Dass ich später scheinbar ab und zu den Daumen zum Nuckeln nahm hab ich erst vor ein paar Monaten gesehen als ich in meinem Bilderalbum geblättert habe und dort von mir Bilder drin sind, bei denen ich im Schlaf den Daumen im Mund hatte.

Beim Einkaufen, wenn Mama wegen meinen Geschwistern in die Babyabteilung musste hab ich immer mit leuchtenden Augen vor den Schnullern gestanden. Wie gerne hätte ich wieder einen gehabt. Aber gesagt hatte ich Mama NIE dass ich wieder einen haben möchte, es hätte auch erstens nichts genützt und zweitens hätte es riesig Worte gegeben. Gerade die unter euch die mich und meine Mama kennen, können sich dass auch gut vorstellen.

Mit 12 hatte ich einen schweren Unfall und bin seitdem auf Hilfsmittel angewiesen. Für die, die mich nicht kennen, möchte ich sagen dass ich Windeln nie mochte und auch nie mögen werde.

Gerade wegen den Windeln wurde ich in der Schule regelrecht gemobbt. Angebliche Freunde waren von jetzt auf gleich weg. Wenn ich wegen des Unfalls im Rolli gelandet wäre, hätte man mir die Windeln vielleicht verziehen aber so war ich der „Pampershocker“.

Trotz allem und jetzt komme ich zur Ausgangsfrage (Wisst ihr was komisch ist?) was ich in meiner Kindheit durch machen musste, (Unfall, Mobbing, Schmerzen, zahlreiche nachträgliche OP’s) sehne ich mich in meine Kindheit zurück. Das ist doch wirklich komisch? Obwohl ich Heute in meinem Zimmer wieder so viel Schnullern könnte wie ich will. Verrückt oder?

Gibt es unter euch vielleicht auch jemand der in seiner Kindheit schlimmes durch machen musste und sich trotzdem in seine Kindheit zurück sehnt? Wäre an einem Erfahrungsaustausch interessiert.

Viele Grüße
Racer

P.S. Für diejenigen die sich jetzt fragen, wie ich hier gelandet bin und dieses Forum gefunden habe, will ich noch schnell sagen dass ich nach einer langweiligen Inkontinenz-Selbsthilfe-Gruppe Stunde nach etwas anderem suchte. Erst bin ich erschrocken dass es Menschen gibt die freiwillig Windeln tragen und auch benützen aber dann hab ich gesehen dass es auch Menschen gibt, die auch im erwachsenen alter noch regelmäßig Schnullern. Das hat meine Neugier geweckt und ist der Grund warum ich wieder etliche Schnuller habe und diese auch manchmal benütze. Regelmäßig aber nicht, da ich Angst habe wieder ohne die Dinger nicht einschlafen zu können. Viele sagten mir nämlich es dauert lange bis man mit Schnuller einschläft und ihm am nächsten Morgen noch im Mund hat. Bei mir dauerte es aber gar nicht lange. Das Gehirn verlernt scheinbar nichts. Deshalb hab ich sofort das regelmäßige Schnullern wieder eingestellt. (Dafür ist es dann was Besonderes wenn ich auf WF oder WT fahre, oder mich hier mit jemanden treffe)

buntstiftsüchtig
08.04.2014, 11:30
Hallo Racer,

Erstmal meinen Respekt, ich finde es gehört eine ganze Menge Mut dazu solche Gedanken offen auszusprechen. Ich finde deinen Ausgangsgedanken durchaus Interessant, auch wenn ich gestehen muss dass ich ein klein wenig drüber schmunzeln musste.

Mein Leben verlief, bis vor 2 Jahren, wohl zumindest ähnlich chaotisch wie deines.
Nur halt eher in anderen Bereichen, familiäre Probleme hauptsächlich.
Bin dann mit 13 ins Heim gekommen, was rückwirkend betrachtet wohl auch dass beste war was mir hätte passieren können.
Hier muss ich sagen, dass ich mir deine Frage bisher nie selbst in dieser Form gestellt habe, da ich es immer aus dem umgekehrten Blickwinkel gesehen hab. Meine Motivation war, dass ich wusste woher ich komme, wo ich stand und wer ich war und, zumindest grob, wusste was ich noch Erreichen wollte. Quasi die Aussicht auf ein besseres Leben.
Ich muss aber auch sagen dass ich mich damals schon sehr selbstständig gefühlt habe und ständig darauf bedacht war, niemals von jemanden abhängig zu sein.

Die ersten Früchte der Arbeit habe ich bereits geerntet, Bildungsmässig steht mir alles offen, Finanziell komme ich zurecht und vor allem die Aussicht dass es auf diesem Planeten nicht nur GOTTVERFLUCHTE Arschlöcher gibt. Davon hatten wir nämlich ganz viele.. Und auch nur Ansatzweise jemanden zu Vertrauen war als hätte man sich dass Messer schon selbst in den Rücken gerammt. Aber ich schweife ab.
Viel wichtiger ist nämlich, dass ich meine sooooo heiß ersehnte eigene(!) Wohnung bekommen habe.
Damit hat sich eine ganze Menge geändert.

Freiraum. Privatsphäre. Platz nur für sich selbst.
Die Möglichkeit so zu agieren, wie auch immer man möchte.
Klein Sein ohne dass jemand einen dabei stört. Überhaupt klein sein zu können.
Das, wofür ich gekämpft hab.

Ich hab mittlerweile häufiger gehört, dass viele ABDLs eine schlechte Kindheit hatten und natürlich hab ich mich auch häufig selbst gefragt ob es wohl irgendwas damit zu tun hatt dass ich mir ein Stückchen zurück holen möchte. Irgendwo kommt es vermutlich sogar hin obwohl ich diese Neigung schon sehr viel früher entdeckt hab.
Zeitgründig finde ich aber abschließend, dass es überhaupt nicht komisch ist, sich wieder in diese alte Zeit zurück versetzen zu wollen.

racer
08.04.2014, 12:50
Hallo buntstiftsüchtig,


Ich finde deinen Ausgangsgedanken durchaus Interessant, auch wenn ich gestehen muss dass ich ein klein wenig drüber schmunzeln musste.

Danke für deine Antwort, ich fand sie sehr gut und interessant. :ja:

Wenn ich Dich fragen darf, wiso musstest Du schmunzeln? :)

Gibt es noch mehr unter euch denen es so geht/ging wie mir und buntstiftsüchtig?

viele Grüße
racer

buntstiftsüchtig
08.04.2014, 16:52
Weil ich es komplett umgedreht gesehen hab.
"Sobald ich hier raus bin, versteck ich meinen Kuschel nicht mehr!"

Ich dachte müsste Erwachsen werden, um die Freiheit zu genießen mich klein fühlen zu können.

Kai 1987
08.04.2014, 19:06
Hmmm wenn ich zurückdenke warmeine Kindheit ab 1995 leider auch kein Zuckerschlecken mehr, jedefalls die meisste Zeit dennoch sehne auch ich mich danach zurück. Vieleicht ist es es auch nur die Erinnerung an ein Gefühl von Freiheit und Kindlicher Unschuld an das man sich zu erinnern glaubt. Doch irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen wo man sich selbst findet, und es ist auch logisch das die Dimensionen die dies annimmt nicht immer auf Wohlwollen und Verständniss treffen.

Beruflich läuft es, natürlich soll es weitergehen aber alles zu seiner Zeit oder...?
Auch sonst könnte es kaum besser sein denke ich und doch...... irgendwann merke auch ich etwas fehlt, dieses etwas könnte mir nur leider niemand geben geschweige denn das ich dieses etwas genau präzisieren könnte.

Ich denke wir sind alle Suchende auf dem Weg nach dem was wir verloren haben, doch selbst das fallenlassen oder die Erschaffung einer glücklichen illusion können die Realität nicht ändern weil es uns unmöglich ist die Zeit zurückzudrehen.

Wir sind zahlreicher als wir denken, die frage ist immer nur ob wir uns das eingestehen können oder nicht.