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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sorge über "was die anderen denken"



janbaby
08.09.2012, 09:30
Kuckuck,
uns kam da ein Überlegung in den Sinn:
Viele hier machen sich immer sehr viel Sorgen darüber, was andere denken könnten, wenn man kindliches Verhalten an den Tag legt.
Sie trauen sich nicht zu spielen, oder kindlich auszusehen...

Ist das nicht vielleicht viel mehr Selbstüberschätzung, als alles andere?

Sieht so ein AB/AC sich völlig übersteuert als Mittelpunkt der Welt, die immer auf es achtet, dessen Handlungsweisen und Verhalten ständiger Überwachung der Menschen unterliegt?

Das wäre die natürliche Weltsicht eines 2jährigen Kindes. Es erwartet auch von den Erwachsenen Omnipotenz und Allwissenheit. Überwachung ist selbstverständlich, man nennt das dann Fürsorge.

Doch wir sind ja auch (zumindest ein Bisschen) erwachsen und wissen eigentlich, dass nicht jeder immer darauf achtet, wie man sich selbst verhält. Anderen Leuten meist ziemlich egal, wie man aussieht, was man tut und wird auch nicht ständig bewertet.

Selbst wenn uns jemand beim Schaukeln auf dem Spielplatz, oder beim Bobbycar fahren, oder beim Sandburg bauen beobachtet, ist es nicht völlig egal, was der denkt?
Auf die Frage, was denn die Nachbarn denken sollen, kann man doch nur Antworten: "Keine Ahnung"!

Wenn ich mir ständig Gedanken über mein Wirkung auf andere Leute mache, werde ich kaum mein eigenes Selbstbild nach meinem Geschmack formen können, bin nicht frei im Denken und Handeln.

Was meint ihr?

Gruß,
Janbaby SB
:danke: :regenbogen:

Bongo
08.09.2012, 10:28
ja, dem würd ich so zustimmen.

es ist lediglich wichtig, sich in der öffentlichkeit ein klein wenig so zu verhalten, dass der rest der welt keine kotzanfälle bekommt. also generelle gute manieren und ein wenig anstand halt.

aber ansonsten is doch egal was die denken.
die meisten denken sich eh nur dümmlichen scheiss, und man kanns nicht verhindern.
dann sollen sie von mir aus auch denken, ich wär minderbemittelt, wenn ich ne sandburg baue. oder wenn ich als erwachsener im wartesaal des bahnhofs gameboy spiele. is doch echt egal. das sind leute, die man nicht kennt und nie wieder sieht, und die keinen einfluss auf mein leben haben. also zu deutsch: statisten.
:)

Zartbitter
08.09.2012, 10:58
Hallole,

nun geb auch ich meinen Senf dazu:

Diese Befürchtung, dass andere sich ein negatives Bild von mir machen, ist in meinen Augen egozentrisch: Die Welt kreist um mich und beurteilt mich, aber ich will ihr Lob. Aber ich denke, dass genau diese mit Unsicherheit gepaarte Selbstumkreisung nicht nur bei Zweijährigen normal ist, sondern sogar noch in der Pubertät, wenn Jugendliche anziehen wollen, was alle anziehen. Ich denke, den Wunsch in der Masse mitzuschwimmen abzulegen, kostet Kraft und ist einer der wesentlichen Schritte zum Erwachsensein, etwa gleich bedeutsam wie die Fähigkeit, Herr über sein eigenen Stimmungen zu sein, Gefühle hinterfragen zu können, also all die Dinge, zu denen man einen rationalen Abstand zu sich selbst braucht.

Bei mir kam dieser Mut ein Individuum zu sein wohl so mit 17. Davor wollte ich in der Klasse anerkannt sein und es gelang nicht. So mit 17 hatte ich dann den Mut, mich neben niemanden zu setzen, den ich gut kenne, oder die auch einsam sind, sondern auf die zuzugehen, die mir fremd sind - und gleichzeitig meine Individualität zu betonen - Und da schau an: ab dem Moment wurde ich geachtet und andere bemühten sich um meine Sympathie. Erst als mir wurscht wurde, was die anderen denken, erkannten sie in mir eine Person, die vielleicht etwas exzentrisch und sonderbar - aber gerade dadurch reizvoll kennen zu lernen ist.

Ich kann da Damien und den anderen nur Mut machen: Ich trug mit 20 ziemlich viel afrikanische und arabische Second-Hand-Sachen (Dschelabija, Batikkleider, Klamotten vergangener Epochen). Ich bin auch als Riesenpüppchen rumgelaufen mit Unterrock und Schürzen und Sonnenhut mit Schleifen. Ich mochte diese altmodische, kindliche Kleidung, auch wenn ich den Namen Adult Baby noch nicht kannte), Ich ging in einem in Wollfett gewaschenen Strickschaffell, das ich mit Holzästchen befestigt hatte, zur Uni. Ausgelacht wurde ich nie. Manche Leute haben sich umgeschaut, aber in der Regel eher neugierig als verachtend.

Freunde habe ich an der Uni dennoch gefunden - und zum Glück eben auch solche, die sich weder einem konsumorientierten Modediktat fügen wollten, noch ihre Gedanken dem Massendenken angepasst haben: Interessante, charakterstarke Querdenker.

Klar mache ich mir manchmal Gedanken, wie das, was ich tue, beurteilt wird, aber fast nur im beruflichen Umfeld, wo ich mit meinem Auftreten eine Wirkung erzielen will. Privat sorge ich mich nicht - oder kaum, wie ich beurteilt werde. Wenn ich durch die Straßen hüpfen will, dann tu ich das, und wenn ich Blumen an meinen Briefkasten kleben will, dann mache ich das!

Grüßle!
Zartbitter

Treibhauseffekt
08.09.2012, 10:59
@Jan

Ich finde du beobachtest da schon etwas interessantes, aber glaube ich weniger das es Selbstüberschätzung ist.

hmmm, zumindest nicht bei jeden...

Es gibt ja auch jene, die in sich ja ebend dieses innerliche Kind entdecken, von nun an aufgeweckt, versucht es aus diesen Gefängnis auszubrechen

Weisst du, jemand der ein Lebenlang eingesperrt war, wird Angst davor haben, wenn er plötzlich frei ist.
Er wird sich ähnliche Fragen stellen, nämlich was auf ihm zukommt, was die Leute denken, macht er auch alles richtig??

Ich kann mir vorstellen, das es bei einen solchen Innerlichen Kind ähnlich ist,
der jenige der es in sich entdeckt, wird das verlangen danach haben, es frei zu lassen, verbunden mit all denn Fragen,

Was denken die Leute...
merken sie etwas....
stosse ich damit auf...
werden sie mich verstossen....

Selbstüberschätzung kann ich da nun ersteinmal nicht erkennen, sondern einfach nur unsicherheit
eine wichtige Unsicherheit
und auch ein wichtiger Grund, für die Existenz solcher Foren wie diesen, wo nämlich jene Leute, genau diese Fragen stellen können, wieder und immer wieder, jeder auf seiner speziellen Art

und auch denke ich grad, das es auch jene giibt, die zu solch einer Selbstüberschätzung neigen, ... ich kannte da mal einen solchen... der Sprach unentwegt doch davon, wie sehr ausgeprägt sein inneres Kind war, und wies ständig darauf hin, wie sehr er sich doch grad augenblicklich kindlich verhalten hat, und versuchte sich so ständig bestätigung einzuholen...

dies wurde schnell unangenehm, da es in Grunde nur nerft..

Ein inneres Kind ist ja nix was man demonstrieren muss, sondern es ist einfach da... es ist

wie schon so oft hier auch beschrieben, einfach ein Teil der eigenen Persönlichkeit, etwas das hin und wieder ausbricht, und sich ausbreitet wie in kleines Wunder, das man kaum fassen kann, schon gar nicht einfangen
man sitzt einfach da und beobachtet es...


....
so zumindest einige Gedanken dazu

LG

Zartbitter
08.09.2012, 11:23
Hallole,

Treibhauseffekt hat sicher großenteils Recht, aber diese Angst vor dem "was andere denken" bezieht sich bei vielen ja nicht nur auf die Kindlichkeit, sondern auf alles. Was denken die anderen, wenn ich in der Drogerie 5 Packungen Kondome kaufe? Was denken die anderen, wenn ich mich auf den Gehsteig setze? Was denken die anderen, wenn ich kein Bier sondern Himbeerlimo bestelle?

Und gerade diese Ängste werden von der Werbeindustrie ausgenützt. Es gibt offenbar Erwachsene, die haben Angst im Garten Boccia zu spielen (kindisch), aber vor dem französischen Lokal am Bouleturnier teilnehmen (laut Werbung erwachsen), oder mit einem i-pad spielen (laut Werbung erwachsen). Janbabys Sohn liebt es Bowlen zu gehen (kommerziell), aber mit dem Holzkegelspiel zu spielen (kindisch), dafür ist er zu alt.

All das, was etwas kostet (Anschaffung, Bahnenmiete, Teilnahme an Turnieren) soll man als Erwachsener dürfen, denn es gibt Profiteure. All das, was nichts kostet (Sandburgen, Schaukeln...) hat kein gesellschaftliches Renommee für Erwachsene.

Das ist doch dämlich! Ich lasse mich doch nicht von der Wirtschaft steuern und mir vorschreiben, was ich machen darf, um "in" zu sein und nicht abgelehnt zu werden.

Und ich denke, dass man diese Angst was andere Denken ablehnen muss, um nicht ein williges Opfer von Geldmacherei zu werden.

Grüßle!
Zartbitter

Joe
08.09.2012, 22:18
Hi,

ivh denke das ist ein Problem was in der Kindheit anfängt und sich quasi als Trauma manifestiert.
Es fängt an mit "Tue dieses und jenes nicht". Tut man es doch gibt es Strafen und Liebesentzug. Was man in einem Alter darf oder nicht darf bestimmen 'die Anderen'.
Das ganze nennt sich dann Erziehung.

So bleibt das unser ganzes Leben lang.
Leute beurteilen uns und bestrafen uns für Fehlverhalten.

Irgendwann gewöhnt man sich an eine Rolle zu spielen. Und wird nach und nach immer besser darin.
Konfliktvermeidungsverhalten.
Der eine Wird auf diese Art erwachsen - der Andere langsam verrückt.

Viele Grüße
Joe

teddibär
09.09.2012, 00:43
Beim Stöbern im Internet finden sich einige Seiten, wo Erwachsene gerne mal richtig kindliche Dinge machen würden. Leider trauen sich nur wenige, das in die Tat umzusetzen.
Warum ist Motocross durch Schlamm fahren cool? Warum ist das Hüpfen in Matschpfützen ohne Motorrad nicht cool?
Für mich gibt es nur eine Schlußfolgerung: Es muss ein Ziel geben. Selbst wenn man mit dem Moped das Ziel nicht erreicht weil man vorher ausgeschieden ist.
Ein simples Bekleckern hat eben kein Ziel.......

Beim Sandburgen bauen könnte man den Spieß auch rumdrehen, und Zuschauer auffordern, mitzubauen!
Hätte ich vor 20 Jahren schon den Mut gehabt, hätte ich 20 Jahre länger Spaß gehabt ;)

Grüße
Teddi

beebee
09.09.2012, 05:34
Joe, in Das Buch der Kinder (http://www.amazon.de/Das-Buch-Kinder-einfach-selbst/dp/3548741096) wird genau das auch gesagt - und es ist seeehr schön geschrieben.

Es heißt, eine Menschenseele hat nur zwei Grundziele: Liebe + Wachsen.

Wenn ich mal Wachsen = sich zu dir selbst entwickeln/entfalten übersetze, dann ist klar, dass das kleine Menschenkind vor einem Dilemma steht: es kann sein, wie es ist - aber dafür wird es nicht geliebt ODER es kann geliebt werden, wenn es so ist, wie andere ihm sagen.
Es muss also das eine Ziel fürs andere opfern - und da Kinder so klein und hilflos sind und Liebe brauchen ......

pampersguy
09.09.2012, 14:19
Das ganze ist doch nichts AB-spezifisches. Jeder mit Macken, Gewohnheiten usw. die irgendwie außerhalb der Norm liegen hat diese Gedanken zunächst.

Die Richtung ist aber ganz richtig!
Der Mensch braucht die ersten paar Jahre seines Lebens zwingend seine Umwelt, um zu überleben. Die Strategie muss also lauten: ich muss geliebt werden, damit ich lebe! Wenn die Großen mich alle scheiße finden, lassen die mich links liegen. Deshalb ist es für uns ein Schmerz auch als Erwachsene, Abweisung zu erfahren. Klar kommen wir damit besser zurecht als noch im Kindesalter, aber es trifft einen doch oft genug.

Genau dieser Ur-Angst nicht abgewiesen zu werden liegt der Drang zur Konformität zu Grunde. Nicht auffallen, komische Blicke sind nur ein Stück weit von Distanzierung entfernt! Also schämt man sich, dass man auch ja nicht nochmal so etwas peinliches tut.

Man kann das ganze aber ganz gut durch stufenweise Desensibilisierung in den Griff bekommen. Einfach mal damit anfangen, z.B. einen Hut in der U-Bahn zu tragen. Die Leute gucken schon! Wer trägt schon noch Hüte. Nächster Schritt: Einen Spazierstock oder zwei unterschiedliche Schuhe. Vielleicht wird man sogar angesprochen? Dann sagt man: Das ist ein Versuch.

Und man merkt am Ende dieser Übungen immer: Ich bin noch unverändert da. Meine Wohnung gibt's, das Geld auch...meine Existenz ist nicht durch eingebildete Peinlichkeiten bedroht.

Wer also große Probleme damit hat, das ganze öffentlich ein wenig auszuleben (bitte nicht zu viel..am Ende kommen noch die mit den weissen Turnschuhen) kann ja mal so was in der Art versuchen.

Kvetinka
09.09.2012, 14:26
Original von janbaby
Kuckuck,
uns kam da ein Überlegung in den Sinn:
Viele hier machen sich immer sehr viel Sorgen darüber, was andere denken könnten, wenn man kindliches Verhalten an den Tag legt.
Sie trauen sich nicht zu spielen, oder kindlich auszusehen..

Wobei die Windel an allem am wenigsten aufällt.

Kelvin
09.09.2012, 22:01
Ich habe das Buch von Robert Betz, "Willst du normal sein oder glücklich?", noch nicht gelesen, aber der Titel ist für mich Programm.

Kurzbeschreibung bei Amazon:
"Jeder kann sich bewusst für ein glückliches Leben entscheiden
Wie oft haben wir das Gefühl, am wahren Leben vorbeizuleben? Gefangen zu sein in dem inneren Zwang, bestimmten Normen und Erwartungen entsprechen zu müssen? Der blinden Masse hinterherzurennen, statt das eigene Leben zu einem wundervollen Abenteuer zu machen?
Dieses mitreißende Buch ermutigt dazu, die ausgetretenen Pfade eines Lebens, mit dem man sich nicht wohlfühlt, zu verlassen. Der Psychologe und Bestsellerautor Robert Betz führt seine Leser auf den Weg des Herzens und zeigt, wie ein Leben voller Freude, Leichtigkeit, Erfolg und Erfüllung endlich Wirklichkeit wird."

Ich finde, man sollte sich nicht zu ernst nehmen, was nicht ausschließt, sich den Anforderungen des Lebens mit einer gewissen "Leichtigkeit des Seins" zu stellen.

LG, Kelvin

apfelmus
10.09.2012, 01:12
Original von Kelvin
Ich finde, man sollte sich nicht zu ernst nehmen, was nicht ausschließt, sich den Anforderungen des Lebens mit einer gewissen "Leichtigkeit des Seins" zu stellen.


"Leichtigkeit des Seins" und "Anforderungen des Lebens stellen" klingt für mich leicht paradox. ;)

Ginni
10.09.2012, 09:57
Original von Zartbitter
Diese Befürchtung, dass andere sich ein negatives Bild von mir machen, ist in meinen Augen egozentrisch: Die Welt kreist um mich und beurteilt mich, aber ich will ihr Lob.

den satz finde ich sehr lustig. :D

stell dir vor, da sitzt so ein bankvorsitzendes, zu viel verdienendes, mitglied im anzug im sandkasten und matscht rum... völlig egozentrisch von ihm, wenn er sich da gedanken macht, wie er wohl auf die außenwelt SO wirken könnte? ob ihn seine kollegen hinterher wohl noch ernstnehmen?

Zartbitter
10.09.2012, 11:42
Hallole Ginni,

natürlich denkt man ab und an dran, wie das eigene Verhalten beurteilt wird. Nur das lässt eine Gesellschaft harmonisch funktionieren. Ich dachte auch eher an dieses neurotische Gedankengekreise, die ständige Furcht vor Nachrede.

Ich denke, wenn man einen Banker im Anzug im Sand spielen sieht, wundert man sich, dass er den Anzug wieder sauber bekommt, aber ich würde mir denken, dass das Sandspielen sicher teil einer ihm verordneten modernen Antistresstherapie ist.

Ich war vor zwei Monaten mit einer Gruppe Erwachsene (Gärtner, Heilerziehungspfleger, Bürokaufleute,...) im Park. Und plötzlich rannten alle auf den Spielplatz, schaukelten und spielten mit den dort liegenden Sandeleimern. Das waren keine ABs, aber niemand hat sich geniert. Normale Menschen spielen eben im Sand, wenn ihnen danach ist, und nur die ABs fragen sich, ob sie es dürfen.

komische Welt!
denkt Zartbitter

Tifa
16.09.2012, 01:46
Original von Zartbitter
. Normale Menschen spielen eben im Sand, wenn ihnen danach ist, und nur die ABs fragen sich, ob sie es dürfen.

komische Welt!
denkt Zartbitter

So ist das. Als Nicht-AB kann ich das so bestätigen. Wenn ich, eine inzwischen wirklich recht erwachsene Frau, mir eine Blümchenspange ins Haar stecken will, dann mache ich das eben. Und ich habe einen öffentlichen Job und komme mit sehr vielen Menschen zusammen.

Ich mag zwar den Egozentriegedanken - aber ich glaube, es ist ein bißchen trauriger. Es wird wohl so sein, dass Menschen die sich wirklich nichts trauen was sie auch nur im Ansatz auffällig macht viele Ängste haben. Und zwar sich selbst einzugestehen, dass sie selbst vielleicht wirklich anders sind.

Das kann auch einfach ein Teil eines Coming Out Prozesses sein. Das werden viele kennen. Es gibt eine gewisse Zeit in der man sich selbst bestimmter Dinge sehr bewusst ist, aber in einem Schwebezustand - wenn man es nun niemand sagt, dann ist es ja vielleicht auch nicht so. Bzw. solange es niemand weiß besteht die geringe hoffung es könnte doch nicht so sein.

Vor 15 Jahren haben sich mal zwei Jungs aus meiner damaligen Clique zusammen gefunden - wussten wir alle, war einfach offensichtlich. Es hat aber noch ein gutes Jahr gedauert bis da das große Outing kam....und alle nur mit der Schulter gezuckt haben. ..ja und? weiter? Uns hat das auch nicht viel mehr interessiert als ob jemand mal ne Sandburg baut. Für die Jungs war das ein riesen Ding. Und siehe da - man kann es überleben und es passiert gar nichts. Muss man aber auch für sich erstmal erfahren....Die zwei sind sogar noch zusammen, als einzige von den damaligen Paaren ;)

Mit dem AB Teil wird das nun nicht so sochen umfassenden Outings führen, muss es ja nicht. Aber bis jemand mit sich und dem wissenden Umfeld locker damit umgeht - oder bestimmte Teile lässig auslebt und weiß, merkt niemand und wenn jemand schaut - ist das nicht MEINS...muss man eben mit sich selbst klar kommen. Jeder in seiner eigenen Zeit.

Zartbitter
16.09.2012, 08:49
Hallole,

Ginni, deine Gedanken sind klug!

Ich denke, dass ABs aufgrund ihrer eigenen Angst, sich zu outen, nicht merken, wie sehr die Welt um sie verkindlicht. Es ist durchaus salonfähig zu bekennen, dass man nie erwachsen werden möchte. Erst gestern hat ein Kollege mir das bei einem Abendessen gesagt, als Teil der Unterhaltung, nicht als Coming Out.

Ich wage mal die These, dass die Welt voller ACs ist und sehr viele Menschen heute recht spät Verantwortung übernehmen wollen und neugierig bleiben wollen, ihr Leben spielerisch gestalten wollen und auch sonst zu ihrem Kindskopf stehen. Es sind aber nur die, die Windeln tragen möchten, die sich schämen. Ist das so?

Vielleicht würde es manchen betroffenen ängstlichen ABs helfen, auf die Windeln zu verzichten und ihre Kindlichkeit zu leben versuchen - nur eben auf den schambesetzten Gegenstand der Windel zu verzichten. Ich denke, dass das vielleicht Hemmungen abbauen könnte und die Scham verringern. Wahrscheinlich fühlen sie die genierlichen ABs und ACs weniger beobachtet beim Spielen, Rollschuhlaufen, Sandburgen bauen und durch die Straßen hüpfen, wenn sie dabei keine WIndel anhaben.

Klar: Bei DLs sieht das anders aus, da ist die Windel wichtiger Teil des Kicks, aber ein AB ist doch ohne Windel nicht weniger "klein". Es gibt ja unzählige Babys die mit einem Jahr schon trocken sind und nicht weniger babyhaft. Warum sollte also für ABs die Windel so einen Stellenwert haben? Wäre Babysein ohne Windel nicht die Lösung von den Ängsten wegzukommen?

schlägt Zartbitter vor.

beebee
16.09.2012, 09:41
Das sehe ich zwiespältig, Zartbitter ~

Einerseits scheint wirklich die Gesellschaft immer mehr zu verkindlichen - aber eher auf eine flache Weise? - diesen Buchlink "Die kindliche Gesellschaft" (http://www.amazon.de/kindliche-Gesellschaft-Weigerung-erwachsen-werden/dp/342677397X) hatte ich ja schon mal reingestellt - doch in diesem anderen Buch "Die Leichtigkeit des Schwebens" (http://www.amazon.de/Die-Leichtigkeit-Schwebens-Beschwingte-Mitte/dp/3778791273) gibt es die interessante These, daß gerade die heutige Oberflächlichkeit, Seichtigkeit eine große Chance ist, ein Sprungbrett ist - weil sie dem Schweben, der Absichtslosigkeit, der Losgelöstheit (was viele Spirituelle ja immer suchten) ja komischerweise sehr nah ist...

Wir haben viel Verkindlichung - ja - einerseits ...

Andererseits - hab ich aber das Gefühl, als ob unser Zusammenleben immer immer verkopfter und unspontaner wird - überall gibts Controlling, Benchmarking, perfekte Terminpläne, Aktenkoffer ....

Ich nehme da - seltsam ist das! - zwei große gegenläufige Tendenzen wahr: einerseits verkindlicht und ver-bubble-tea-t alles immer mehr - andererseits wird alles so durchgeplant und durchperfektioniert - wie noch nie.

beebee
18.09.2012, 08:49
Ich habe (zu diesem Themenkreis: Verkindlichung der Gesellschaft - gut oder schlecht?) gerade einen suuuuper lesenswerten Artikel gelesen:

Wenn Jeder ein Sieger ist (http://www.brandeins.de/magazin/sinn/wenn-jeder-ein-sieger-ist.html)

Kvetinka
18.09.2012, 09:33
Original von beebee
Ich habe (zu diesem Themenkreis: Verkindlichung der Gesellschaft - gut oder schlecht?) gerade einen suuuuper lesenswerten Artikel gelesen:

Wenn Jeder ein Sieger ist (http://www.brandeins.de/magazin/sinn/wenn-jeder-ein-sieger-ist.html)

Zum Thema Verkindlichung gibt es auch hier was über Rejuveniles:

http://www.toddlertime.com/dx/regression/advanced-baby.htm

Kathie war mein großes Vorbild.

LG Jasmina

eedoo
08.10.2012, 14:31
Ich habe teilweise den Eindruck, dass ABs/DLs durch ihren oft jahrelangen Kampf mit sich selbst ("bin ich normal, wenn ich gerne Windeln trage?") sehr viel an Schuldgefühlen aufbauen, die die Perspektive auf die Welt ein wenig verzerrt.

Kein Nicht-ABDL empfindet so viel Schamgefühl dabei, eine Packung Windeln zu kaufen wie ein ABDL. Oder z.B. einen Schnuller zu kaufen. Und nur ein AB wird das Angst haben, bei etwas Bösem ertappt zu werden, wenn er/sie durch die Babyabteilung eines Kaufhauses geht.

Für viele ABDLs ist das einfach an jahrelange Zweifel über die eigene Persönlichkeit verknüpft, oder mit dem Gefühl, eigentlich etwas Verbotenes oder zumindestens Ungehöriges zu tun. Aber alle anderen Leute denken nicht einmal ansatzweise in die Richtung.

Sofern man nicht gerade in der Strampelhose auf die Straße geht, wird man mit leicht kindlicher Kleidung nicht auffallen. Sich ein wenig kindlich zu kleiden oder auch nur ein kindisches T-Shirt anzuziehen ist für viele Menschen völlig normal. Wer schon die TV-Serie "New Girl" gesehen hat: da spielt Zooey Deschanel eine Frau mit Hang zu kindlichen Kleidungs- und Verhaltensweisen, ohne dass da die geringsten Ageplay-Untertöne dabei wären. Und als ich diesen Sommer mein "kleiner Maulwurf"-T-Shirt anhatte, gab es von Freunden und Arbeitskolleginnen (zugegeben fast nur von Frauen) keine oder ausschließlich positive Kommentare.