Teil 3
1. Michael erzählt
(Nweaw – Nur weil er anders war)
Hallo. Mein Name ist Michael. Ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Sie handelt nicht direkt von mir. Also ich bin schon auch mit dabei. Aber nur am Rand. Irgendwie. Aber trotzdem … aber deswegen möchte ich … Oh Gott, ich kann einfach nicht so gut Geschichten erzählen. Und schon gar nicht aufschreiben.
Kai konnte das viel besser. Auch wenn er immer gesagt hatte, er könnte das nicht. Und doch ich habe ihm immer gerne zugehört. Wenn auch seine Geschichten oft sehr traurig waren. Er erzählte sie mir, wenn er manchmal in einer Gewitternacht in mein Bett gekrochen kam. Er fürchtete sich vor den lauten plötzlichen Donnerschlägen und den Blitzen. Oder wenn er einen Albtraum gehabt hatte. Dann stand er auf einmal mitten in der Nacht in meinem Zimmer, mit seinem kindischen Schlafanzug mit dem Rennauto drauf, den Teddy im Arm und fragte weinerlich, ob er bei mir schlafen durfte. Natürlich erfüllte ich ihm seinen Wunsch. Bin ja schließlich sein großer Bruder. Er legte sich zu mir ins Bett und dann erzählte er mir halt manchmal was von sich. Einfach so. Von seinem Vater, seiner Mutter, die jetzt schon so lange tot war, oder wie er die Zeit im Heim verbracht hatte. Meistens schlief er aber gleich wieder ein, kaum hatte er sich zu mir ins Bett gelegt. Es kommt euch vielleicht seltsam vor, wenn zwei Jungs in unserem Alter unter einer Decke schlafen, aber Kai war so … so klein. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Er war … wie ein Kind halt. Gar nicht wie ein Teenager. Und mein kleiner Bruder. Und den wollte ich eben beschützen.
Von ihm möchte ich euch erzählen. Seine Geschichte. Von Anfang an. Ich hoffe, es interessiert euch auch. Kai war nämlich was ganz besonders. Und ich vermisse ihn ganz schrecklich.
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