Ich teste nun schon lange Windeln. Natürlich ist meine Meinung kein allgemein gültiges Testurteil, da die Testbedingungen sehr unterschiedlich sind.
Da die Windeln bei mir kein Spaßfaktor sondern ein Nutzgegenstand sind, steht bei mir die Grundfunktion der Windel an erster Stelle. Einfach gesagt: eine Windel muss vor allem dicht halten. Nasse Kleidung oder ein nasses Bett ist ein absolutes Ausschlusskriterium. Wobei ich beim Bett etwas Abstriche mache, da man Bettwäsche problemlos waschen kann und es nicht peinlich wird.
Dazu kommt aber bei meinem Nutzerprofil, dass ich auch mal auswärts schlafe. Da wäre es mir schon peinlich, das Bett nass zu machen. Also ganz unwichtig ist der Nachtfaktor nicht. Ich bin aber bereit, für solche Spezialfälle ein Sondermodell zu nutzen. Quasi eine Reisewindel für die Nacht.
Wenn Schritt 1 erfüllt ist, kommt die Passform. Ich will eine Windel, die sich gut an meine Anatomie anpasst, nicht zwickt und kneift und mit der ich problemlos auch längere Strecken laufen kann.
Cottonfeel ist da grundsätzlich ausgeschlossen. Es kann die Form nicht halten, lässt Feuchtigkeit durch (Diffusion) und reibt auf der Haut.
Als zum Beispiel die Tena Flex auf den Markt kamen, war das eine tolle Erfindung. Ich bin sofort drauf eingestiegen. Eine Windel, die sich problemlos im Stehen anziehen ließ, das klang erst mal toll. Erst nach mehreren Wochen ununterbrochener Tragezeit wurden die Probleme offensichtlich. Die Haut hatte mehrere Defekte an den Innenseiten der Oberschenkel bekommen, die „Tapes“ als Klettverschluss waren zu breit für den Gürtel und stachen oft unangenehm in die Haut. Im Alltagstest hat man nicht immer die Zeit, die Tapes absolut punktgenau zu kleben.
Natürlich fühlt sich diese stoffähnliche Oberfläche toll an. Die Nachteile sind für mich aber nicht akzeptabel.
Wenn die Passform auch stimmt, kommt die Kapazität. Windeln haben durch ihren unterschiedlichen Schnitt in Relation zum Körperbau und Körperhaltung eine sehr unterschiedliche Kapazität. Schon der Unterschied Mann/Frau macht „die“ optimale Windel eigentlich unmöglich. Der Urin kommt ja an anderen Stellen raus. Wenn ich sitze, brauche ich mehr Saugkraft in der vorderen Windel. Liege ich, ist das Saugpolster hinten wichtig. Beim Laufen logischer Weise das zwischen den Beinen. Nun darf aber bei aktiven Leuten das Saugpolster zwischen den Beinen nicht zu dick sein, irgendwann sind die Beine im Weg und das Laufen wird unangenehm.
Nimmt man eine Babywindel als Vergleich, dann merkt man schnell, dass dieser Vergleich nicht aufgeht. 30 Milliliter Urin sind nun mal leichter aufzufangen, als 500 Milliliter. Ein Baby uriniert etwa 30 Mal am Tag, ein Erwachsener deutlich weniger, dafür aber ist die Menge pro Urinabgabe deutlich höher. Außerdem ist der Traum der absolut dichten Windel bei Babys eine Utopie. Alle Eltern wissen: es geht immer mal was daneben. Nasse Wäsche nimmt man bei Babys sozusagen in Kauf und da wird es auch nicht peinlich.
Nehme ich meinen Alltag als Beispiel, dann kommen alle drei Zustände regelmäßig vor: liegen, stehen/gehen, sitzen. Ich bin in der Öffentlichkeit unterwegs, halte mich auch mal an Orten auf, wo ein Windelwechsel nicht so einfach möglich ist. Das können sogar mal Orte sein, wo es gar keine Toiletten gibt, aber viel „Publikum“.
Die Kapazität muss also entsprechend hoch sein, um auch längere Zeiten zu überbrücken. Ich muss mich ja sicher fühlen. Eine Windel, die jederzeit überlaufen könnte, ist ein Alptraum für mich.
Bisher war die einzige Angabe, die ich als Orientierung hatte, der ISO-Wert. Das war Windel untertauchen, abtropfen lassen und wiegen. In der Realität nutze ich aber nicht das ganze Saugvlies. Manchmal ist mehr als die Hälfte des Saugkörpers noch trocken und die Windel muss gewechselt werden.
Ich kann also nicht von einer Windel erwarten, ewig zu halten. Meinen Lebensstil muss ich schon auf die Gegebenheiten anpassen. In der Praxis heißt das: egal, wie voll die Windel ist, vor dem Schlafen muss ich eine frische Windel anziehen, wenn ich morgens ein trockenes Bett haben will. Vor einem Konzert muss ich unbedingt eine frische Windel anziehen, weil ich während eines Konzerts nicht vom Mischpult weggehen kann. Diese 1 bis 2 Stunden muss die Windel auf jeden Fall durchhalten, auch wenn ich sitze.
Natürlich kann ich auch meine Trinkmenge steuern, aber eigentlich sollte genau das meiner Meinung nach vermieden werden. Der Körper braucht ausreichend Flüssigkeit und ich kann nicht der Windel zuliebe meinen Körper trocken laufen lassen. Im Notfall kann ich das schon mal machen, aber das müssen wirklich Ausnahmen bleiben und ist für einen realistischen Test keine Option. Die Aussage „Dann müssen sie eben weniger trinken, damit die Windel hält.“ ist also inakzeptabel.
Wenn eine Windel alle drei Grundkriterien erfüllt hat (Dichtigkeit, Passform, Kapazität), dann kann ich über das Aussehen nachdenken. Für mich persönlich spielt die Farbe keinerlei Entscheidungskriterium. Ich trage ja sowieso Wäsche drüber, man sieht sie also nicht. Habe ich allerdings zwei Windeln, die in ihren Eigenschaften identisch sind, würde ich einfach der Freude wegen das farblich passendere Modell nutzen. So zum Beispiel geschehen beim Modell MyDiaper. Die gibt es in weiß und farbig. Die farbige Variante hat mir besser gefallen, etwas Freude bei der Unterwäsche ist erlaubt.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass ich viele Jahre gebraucht habe, um „meine“ Windel zu finden und da waren viele Kandidaten dabei, die am Anfang gut ausgesehen haben, sich aber erst nach einer gewissen Testzeit als unbrauchbar herausgestellt haben. Selbst das jetzige Modell ist nur ein Kompromiss, der sich unter den eigentlich untauglichen Modellen als das Modell mit den wenigsten Fehlerpunkten herausgestellt hat. Als Testnote würde ich den Wert „ausreichend“ geben.
Würde ich meine Erfahrung zusammenfassen, müsste ein Windelsortiment aus mehreren Modellen bestehen, die auf die jeweilige Situation optimiert sind. Im einfachsten Falle eine Windel für den Tagbetrieb und ein Modell für den Nachtbetrieb.
Was die Spaß-Abteilung angeht, bei diesen Leuten spielen ganz andere Kriterien eine Rolle. Das liegt schon an einem ganz einfachen Umstand: so lange du deine Blase voll unter Kontrolle hast, kannst du ein „Unglück“ jederzeit verhindern. Da verlieren einige an den oben genannten Kriterien ihre Bedeutung. Cottonfeel ist für Wochenendbabys zum Beispiel gar kein Problem. Die Haut geht nicht sofort kaputt, wenn sie mechanisch beansprucht wird. Das dauert lange. Hast du regelmäßige Erholungspausen für die Haut, wird sie sich immer wieder regenerieren.
Wenn man also nach der optimalen Windel der Nutzer fragt, muss man die Lebensumstände mit berücksichtigen und schauen, ob das zu einem selbst passt. Ich persönlich rate grundsätzlich dazu, selbst zu testen und Erfahrungen zu sammeln. Mir hat es vor allem geholfen, mich mit einem Modell zufrieden zu geben und nicht ständig Ausschau nach einer Alternative zu halten. Dadurch bin ich zufriedener. Ich weiß ja aus den vielen Tests, dass es „die“ optimale Windel nicht gibt. Noch nicht.
Sorry, dass der Text so lang geworden ist. Aber das Thema ist auch sehr komplex.