Heute brachte der Deutschlandfunk einen Beitrag zum Thema wie Krankenkassen auf Kosten der Versicherten sparen. Darin wird der aktuelle Stand geschildert. Denn es wird vor Gerichten geklagt.

Das Wichtigste aus dem DLF-Beitrag:
Mit den Stimmen von Union und SPD - Linke und Grüne enthielten sich - beschloss der Bundestag im Februar 2017 die Reform der Heil- und Hilfsmittelversorgung, kurz HHVG genannt. Als Heilmittel werden nichtärztliche Therapien oder Behandlungen bezeichnet. Also Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder medizinische Fußpflege. Als Hilfsmittel gelten zum Beispiel Rollstühle und Gehhilfen, Brillen und Hörgeräte, Windeln und Blasenkatheter. Seit einem Jahr ist das neue Gesetz in Kraft. Eine Verbesserung bei der Versorgung läßt immer noch auf sich warten. Anfang des Jahres griff deshalb das Bundesversicherungsamt ein. Der Verdacht: Einige Kassen würden bei den Hilfsmitteln noch immer zu sehr auf den Preis achten und nicht auf die Qualität.

Viele chronisch Kranke sind auf einen persönlichen Service angewiesen. Doch einige Krankenkassen schreiben die Versorgung aus. Damit taten die Kasse genau das, was eigentlich nach dem neuen Gesetz nicht mehr vorkommen sollte. Dann kann ein bundesweit arbeitendes Dienstleistungsunternehmen im Bereich Gesundheit und Pflege schon mal günstiger sein als der örtliche Versorger. Einen persönlichen Ansprechpartner gibt es dann nicht mehr.

Die Ausschreibungspraxis der Krankenkassen hat inzwischen auch das Bundesversicherungsamt – BVA - auf den Plan gerufen.

Anfang des Jahres wurden Untersuchungen gegen die Barmer Ersatzkasse, die DAK Gesundheit und die Kaufmännische Krankenkasse KKH eingeleitet. Diese Kassen wollten Beatmungsgeräte für Schwerstkranke und Inkontinenzprodukte für Stomapatienten, also Patienten mit künstlichem Darmausgang über Ausschreibungen einkaufen. Ein Vorhaben, dem die Aufsichtsbehörde jetzt einen Riegel vorgeschoben hat. Der Grund: Die Ausschreibungen seien nicht zweckmäßig, weil bei Ausschreibungen von Hilfsmitteln die Anbieter gewonnen haben, die zwar die Billigsten waren, die aber eine schlechte Qualität geliefert haben. Sowohl was die Produkte, wie auch die Dienstleistungen betrifft. Und das wollte die Politik nicht.

Deshalb hatte die Große Koalition vor einem Jahr das Gesetz verschärft. Der Preis darf bei Ausschreibungen nur noch mit 50 Prozent in die Bewertung eingehen. In den Fällen, die das Bundesversicherungsamt jetzt untersuchte, waren es 80 bis 90 Prozent. Hinzu kommt: Hilfsmittel, die individuell angepasst werden müssen und eine intensive Betreuung der Patienten nötig machen, sollen gar nicht mehr ausgeschrieben werden. Deshalb forderte das Bundesversicherungsamt die drei Kassen kurz vor Ostern auf, die Ausschreibungen zurückzuziehen.

Doch die drei betroffenen Kassen denken gar nicht daran, die Ausschreibungen zurückzuziehen und haben gegen den Bescheid ihrer Aufsichtsbehörde geklagt. Die DAK etwa beim Landessozialgericht Hamburg. Es geht ums Prinzip: Das Europäisches Ausschreibungsrecht schreibt vor, daß ab einem Gesamtvolumen von 221.000 Euro eine Ausschreibung vorzunehmen ist. Was geht nun vor? Das Europäische Ausschreibungsrecht oder das Bundesversicherungsamt? Genau darum geht der Streit.

In einigen Bereichen gibt es ein regelrechtes Preisdumping. Das Gesetz ist gut gemeint, doch in der Praxis müssen viele Patienten - je nach Kassenzugehörigkeit - nun mit schlechterem Hilfsmitteln auskommen als vorher.

Die Preise sind so niedrig sind, dass teurere Produkte, die dem Patienten besser dienlich sind, einfach kalkulatorisch nicht mehr drin sind. Das heißt, es wird zu den Preisen, die im Moment am Markt sind, geschaut, dass man das Günstigstes bekommt, dass dem Versicherten zwar nutzt, aber eben nicht den Vorteil bietet, den er seit Jahren hatte.

Patienten sollen ohne Aufzahlung zwischen verschiedenen Produkten wählen dürfen – auch das ist im neuen Gesetz eigentlich festgelegt. Doch viele Patienten haben diese Auswahl gar nicht. Inkontinenten Patienten mit einer bestimmten Diagnose beispielsweise steht eine Fallpauschale von gerade einmal 14 Euro zur Verfügung.

Knapp acht Milliarden Euro haben die Kassen 2016 für Rollstühle, Windeln, Katheter und andere Hilfsmittel ausgegeben, das sind 50 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.

Muss das Gesetz nachgebessert werden? Die Diskussion ist in Berlin längst schon im Gang. Der CDU-Gesundheitsexperte Roy Kühne: Vieles müsse auf den Prüfstand gestellt werden, fordert Kühne, auch die Ausschreibungspraxis der Kassen. Für ihn ist offen, ob Hilfsmittel in Zukunft überhaupt noch ausgeschrieben werden sollten: "Also ich denke, dass wir das HHVG nachbessern müssen, konkretisieren müssen, was genau stellen wir uns unter Qualität vor. Vielleicht sollten wir präziser mit den Krankenkassen umgehen, sodass sie bessere Werkzeuge haben, um Qualität genehmigen zu können."


Den vollständigen Beitrag kann man hier nachlesen und nachhören:
http://www.deutschlandfunk.de/ein-ge...icle_id=415623

LG Georg